Udo Preis, Jahrgang 1951, verzaubert seit 30 Jahren mit den "Limmitationes" das pannonische Outback des Südburgenlands. Jetzt fühlt er sich im Kreuzfeuer des Mainstreams.

Illustration: Armin Karner nach Fotovorlage von privat

Udo Preis ist keiner, der sich so leicht schubladisieren ließe. Das ist nicht nur jetzt so, da es um die Deutungshoheit und den Maßnahmenvollzug rund ums Virus geht. Und wo Preis höchst aktiv aufseiten jener steht, die man landläufig Corona-Leugner nennt.

Querdenker, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Aluhut-Träger. Preis lächelt: "Das sind Kampfbegriffe der derzeitigen Mainstream-Szene. Sie unterbinden, da sie ja bereits ein Urteil bilden, jegliche Form eines offenen, freien Dialogs." Um den gehe es ihm.

Die von ihm ins Leben gerufene Plattform respekt.plus versammelt, so steht es als Motto auf der Homepage, "Menschen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft". Die ein Ziel verbinde: "Der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken." Martin Haditsch, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologe, ist dabei; Andreas Sönnichsen von der Med-Uni Wien; Christian Schubert von der Med-Uni Innsbruck; Peter Weish, der Biologe, der schon gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf und in die Hainburger Au marschiert ist.

Authentisch

Und eben Udo Preis. Ein Kärntner, der seit Jahrzehnten im Südburgenland daheim ist. Vor heuer 30 Jahren hat er sich hier als Veranstalter der "Limmitationes" etabliert. "Die Idee war, dass wir Musik, Literatur, Malerei, Tanz und Diskussionen zusammenführen." Nach Jahren des Herumziehens im Südburgenland ist man nun in Heiligenkreuz sesshaft geworden. "Dort haben wir einen Wirt gefunden, der uns aushält, wie wir sind: ein wenig ausgefallen, ungewöhnlich. Ich sag immer, radikal bis an die Haarwurzel."

Jegliche Form und Richtung von Kunst mache man. Einzige Bedingung sei Authentizität. "Ich hab mit Harri Stojka lange diskutiert. Er meinte, das Authentische hörst du einfach, egal ob Jazz oder Punk oder Avantgarde."

Im vergangenen Februar, als sich die Virusgeschichten aus China verdichteten, "hab ich begonnen, mir die Verhältniszahlen anzuschauen. Da bin ich draufgekommen, dass das mit der Pandemie nicht so stimmig ist, wie es uns weisgemacht wird."

Das habe sich bis heute nicht geändert. "Nur ein Beispiel: Vergangene Woche wurden die Schülerinnen und Schüler in Wien und in Niederösterreich getestet. Von 470.000 Tests waren 198 positiv. Das sind 0,042 Prozent. Da sind jegliche Maßnahmen für die Schüler nicht nachvollziehbar."

Leute zusammentrommeln

Preis tat also, was er auch bei den Limmitationes stets getan hat: Er trommelte Leute zusammen. respekt plus "ist von mir ausgegangen". Es gebe ähnliche Gruppen, mit denen man sich austausche. Damit hat er eine Art Stammplatz eingenommen. Den zwischen den Stühlen.

Er war oder ist noch ein g’standener Linker. "Ich war Vorsitzender der Sozialistischen Studenten Kärntens, da war mein Mitarbeiter der jetzige Landeshauptmann." Später habe er mit Meditation begonnen, "da bin ich beschimpft worden von den Linken, dass ich Meditation mache, und von den Meditierern, dass ich ein Linker bin. Dann hab ich Bioenergetik gemacht nach Wilhelm Reich, da haben die sich beschwert, dass ich auch meditiere und Yoga mache. Also: Die derzeitige Situation ist für mich nichts Ungewöhnliches."

Seine Plattform sieht Preis politisch breit aufgestellt, "das reicht sicherlich von Rot über Grün bis Schwarz". Er selber? "Es ist ein sehr gefährliches Wort: Anarchist. Im Sinne von Peter Kropotkin, dem Sozialutopisten und Pazifisten." Der hatte – wie Preis, sagt Preis – "null missionarisches Gedankengut". Stattdessen gehe es um den Dialog.

Reine Interessengemeinschaft

Mit allen. Das wird nicht von allen goutiert. "Man fühlt sich ein bisschen durch die Gegend getrieben von den derzeitigen Mainstream-Medien. Wenn ich mit den Organisatoren der Wiener Demonstration einen Dialog führe – das sind zum Teil eindeutige Rechte –, und der Florian Klenk vom Falter stellt fest, der Koordinator von Respekt redet mit einem davon, dann bin ich ein Rechter."

Nicht nur der Falter kommt schlecht weg bei Preis. In den 1970er-Jahren hat er selbst die Zeitschrift Disput aktuell gegründet. "In derselben Woche hat sich der Falter gegründet, ich habe die Leute damals auch deshalb gekannt, weil ich bei der Jazzgitti als DJ gearbeitet hab. Und ich frage mich: Wie ist das möglich, dass ein Herr Klenk – nur zum Beispiel, DER STANDARD führt sich ja teilweise ähnlich auf – etwa den Wolfgang Wodrag, der das damals mit der Vogelgrippe aufgedeckt hat, gemeinsam mit den Rechten, Trump, Strache, QAnon in einen Sack haut innerhalb von zwei Absätzen?"

Dabei gehe es doch um eine reine Interessengemeinschaft. "Herbert Kickl, übrigens ein Radentheiner wie ich, ist in dieser Frage eben auf unserer Seite. Aber wir haben nicht vergessen, was er gesagt hat: Politik kommt vor Recht. Das ist absolut unakzeptabel."

Schlechte Musik

Der verbreitete Unwille zu koalieren, der Sauberkeitsfimmel, die vor sich hergetragene Berührungsangst sei wie eine "self fulfilling prophecy". "Die Rechten sind ja unter anderem deshalb so überrepräsentiert bei den Demonstrationen, weil die anderen nicht hingehen und gleichzeitig jammern, dass dort so viele Rechte sind." Preis selber war im September in Wien demonstrieren. Das war das vorläufig letzte Mal. Er findet die Demonstrationen notwendig. "Aber dass da die Querdenker die Regenbogenfahne zerrissen haben, hat mir gereicht. Außerdem halt ich schlechte Musik nicht aus."

Er selber lasse sich nicht impfen. Aber Impfgegner sei er nicht. Er finde es nur komisch, dass die Grünen, "die gegen die Genmanipulation eines Maiskorns sind, jetzt auf einmal dafür sind, dass eine mRNA-Impfung, die unglaublich manipulativ in den Körper eingreift, verabreicht wird".

Das Virus gebe es, no na. "Aber es würde wohl genügen, die normale Hygiene, wie sie die Virologen seit jeher fordern, zu praktizieren. Stattdessen müssen alle in den Lockdown. Ich fürchte, wir kommen in eine Gesellschaft, in der wir uns abwechselnd testen, einsperren, impfen, die nächsten zehn, zwanzig, hundert Jahre."

Darüber wollten er und seine Mitstreiter gerne reden. "Was wir uns wünschen würden, ist einfach: ein offener Dialog. Wir sind keine Corona-Leugner, das stimmt ja hinten und vorne nicht. Wir sind Skeptiker, differenzierte Hinschauer. Nachdenker. Nachleser." (Wolfgang Weisgram, 13.2.2021)