Der Fasching bringt verlässlich die alljährliche Diskussion, wo es denn die besten Krapfen gäbe, und fast genauso verlässlich geht sie komplett am Wesentlichen vorbei. Der beste aller Krapfen zeichnet sich nämlich ganz objektiv durch zwei Dinge aus: Er ist erstens ganz frisch und noch heiß vom Fett, und zweitens: nicht in Pflanzenöl, sondern in Schmalz gebacken. Alles andere – Marillenmarmelade oder Vanillecreme, Form, Name, Rum oder Rosinen – ist zweitrangig.

Ein frisch frittierter Krapfen hat eine flaumige Leichtigkeit, eine saftige Konsistenz, die höchst flüchtig ist und mit jeder Minute nach dem Fettbad abnimmt – ein kalter, und mag er noch so gut sein, kommt da nicht mit. Schmalz wiederum gibt ihm ein tiefes, molliges, leicht salzig-würziges Aroma, das einfach unvergleichlich ist. (Das gilt selbstverständlich nicht nur für Krapfen, sondern jegliche Form von frittiertem Gebäck von Churros bis Youtiao.)

Ein klassischer Faschingskrapfen ist im Grunde ein frittiertes Brioche, bloß dass der Teig ein wenig leichter ist: etwas weniger Butter, etwas weniger Ei, etwas weniger Zucker. Ihre Saison beginnt im Spätherbst, wenn die Schweine geschlachtet und die über den Sommer leer gewordenen Schmalztöpfe endlich wieder prall gefüllt sind. Aufgrund der einst teuren Zutaten – weißes Mehl, Eier, Butter, Schmalz – waren sie lange ein Festtagsgericht, weswegen sie in vielen Gegenden bis heute zu Weihnachten serviert werden.

Von Krapfenweibern bis Neapel

In Wien waren frische Schmalzkrapfen einst so begehrt, dass spezialisierte Krapfenweiber sie frisch gebacken auf der Straße verkauften (ähnlich dem englischen Muffin Man). Das ist, zugegeben, die beste, weil einfachste Möglichkeit, an einen frischen Schmalzkrapfen zu kommen. Weil die Krapfenweiber dieser Tage aber rar geworden sind, folgen hier zwei Rezepte zum Selbermachen.

Das erste stammt nicht aus Wien, sondern aus Neapel – der Graffa, wie der Krapfen hier heißt, kam mit den Habsburgern im 18. Jahrhundert nach Neapel, als diese das Königreich Neapel für etwas mehr als 20 Jahre regierten. Im Gegensatz zu den Österreichern ist er bis heute geblieben. Er wird, anders als in Österreich, so gut wie immer heiß und frisch serviert – es ist daher höchste Zeit für einen Wissenstransfer zurück in die alte Heimat.

Das zweite ist ein ganz klassisches österreichisches Krapfenrezept. Vor ein paar Wintern hatte ich die Ehre, mit dem großen Pierre Reboul Krapfen zu backen, einst Chefpâtissier in Jean-George Vongerichtens Restaurant-Imperium, heute Entwicklungsbäcker der Bäckerei Ströck und einer der allergrößten Teigkünstler des Landes.

Für eine Geschichte im Ströck-Magazin "Griffig und Glatt" haben wir eine große, prächtige Emailpfanne mit gut fünf Kilo Schweineschmalz gefüllt und darin Krapfen gebacken. Pierre hat sie aus dem Schmalz gehoben, kurz abkühlen lassen und dann mit Marillenmarmelade gefüllt, bevor wir sie fast heiß verspeist haben. Es war nicht Fasching, aber sehr, sehr gut.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Graffe wie in Neapel

Fragen Sie einen Neapolitaner, wer die besten Graffe bäckt, und Sie werden fast immer dieselbe Antwort bekommen: Chalet Ciro in Mergellina, ein Café direkt an der Hafenpromenade mit spektakulärem Blick auf den Vesuv. Das hier ist, leicht adaptiert, ihr Rezept und stammt aus meinem Neapelbuch, das hoffentlich dieses Jahr erscheinen wird.

Anders als Wiener Krapfen sind neapolitanische Graffe Teigstränge, die zu einem Ring oder einer Schleife gelegt werden und damit mehr einem Doughnut ähneln. Die Füllung wird meist nicht hinein-, sondern nur daraufgespritzt. Puristen wie ich essen sie aber ganz ohne irgendwas, nur mit etwas Zucker bestreut.

Ciro bäckt übrigens leider auch nicht mehr in Schmalz. Das ist also Ihre Chance, noch bessere Graffe zu machen.

  • 350 g Mehl (Tipo 00)
  • 5 g Salz
  • 15 g Zucker
  • Mark einer Vanilleschote (oder ein halbes Päckchen Vanillezucker)
  • 10 g frischer Germ
  • 50 g Butter
  • 2 Eier
  • 150 ml Wasser
  • Sonnenblumenöl oder Schweineschmalz zum Ausbacken
  • Staubzucker zum Wälzen der Graffe

Alle Zutaten bis auf etwa 70 Milliliter Wasser in einer Schüssel langsam mixen, etwa 15 Minuten. Währenddessen den Rest des Wassers zugießen. Den Teig zu einer Kugel formen, in eine Schüssel legen und zugedeckt etwa zehn Minuten gehen lassen. Dann in den Kühlschrank stellen und mindestens zwei Stunden rasten lassen.

In Stücke von je etwa 100 Gramm teilen. Zu etwa fingerdicken Würsten ausrollen und wie eine Schleife beschlagen. Auf ein gut bemehltes Backblech legen.

Mit etwas Mehl bestreuen, mit einem Geschirrtuch bedecken und erneut rasten lassen, bis die Graffe ihr Volumen etwa verdreifacht haben.

In einen schweren Topf genug Sonnenblumenöl (oder, noch viel besser, Schmalz!) füllen, dass die Graffe darin schwimmen können. Das Fett auf etwa 180 °C erhitzen. Die Graffe darin backen, bis sie auf beiden Seiten schön Farbe genommen haben. Nur so viele Graffe gleichzeitig ins Öl legen, wie bequem nebeneinander im Topf Platz haben.

Aus dem Fett heben, kurz auf Backpapier abtropfen lassen und noch heiß in Staubzucker wälzen. Sofort genießen.

Foto: Tobias Müller

Schmalzkrapfen nach Pierre Reboul

Stellen Sie sicher, dass sie genug Schmalz haben, damit Ihre Krapfen darin bequem schwimmen können. Und dass Sie einen breiten, stabilen Topf verwenden, der nicht umkippen kann.

Achtung: Wenn die Konsistenz Ihres Teiges nicht ganz passt, kann es passieren, dass sie im heißen Schmalz rollen, statt genüsslich darin zu schwimmen. Sie schmecken dann zwar immer noch gut, sind aber rund und haben nicht den charakteristischen hellen Ring in der Mitte.

  • 500 g Mehl (Typ 700)
  • 25 g frischer Germ oder 12 g Trockengerm
  • 7 Eidotter
  • 150 ml Milch (je nach Mehl und Luftfeuchtigkeit etwas mehr oder weniger)
  • 150 g Butter
  • 60 g Zucker
  • 15 g Salz
  • 1 Schuss Inländer Rum

Lösen Sie die Germ in der Milch auf, lassen Sie die Mischung 30 Minuten ziehen und geben dann die Zitronenschale und das ausgekratzte Vanillemark sowie die Eidotter dazu.

Geben Sie das Mehl und etwa zwei Drittel der Milch in eine Mischschüssel und kneten die Mischung mit dem Teighaken, bis ein Teig entsteht. Arbeiten Sie nun den Rest der Milch und den Rum ein. Wenn der Teig eine geschmeidige Konsistenz hat, geben Sie die Butter dazu und rühren weiter, bis sie komplett eingearbeitet ist. Kneten Sie den Teig lieber etwas länger, es ist fast unmöglich, ihn zu viel zu bearbeiten.

Lassen Sie das Ergebnis kurz rasten, bis es sich etwas entspannt hat, etwa 15 Minuten.

Teilen Sie den Teig in Stücke von jeweils 40 Gramm, formen Kugeln daraus und setzen sie auf ein Backpapier. Lassen Sie sie zugedeckt gehen, bis sie sich in etwa verdreifacht haben, ungefähr zwei Stunden.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eine halbe Stunde bevor Sie die Krapfen backen wollen, erhitzen Sie das Schmalz auf etwa 160 Grad.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Legen Sie die Krapfen ein und lassen sie auf einer Seite frittieren, bis sie eine schöne güldene Farbe haben.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Dann wenden: Pierre gibt ihnen dafür einen sanften Stoß auf einer Seite. Ebenfalls backen. Die zweite Seite bräunt interessanterweise schneller – wahrscheinlich, weil der Teig schon vorgewärmt ist.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Mit einem Schaumlöffel aus dem Schmalz heben, auf Backpapier legen und kurz auskühlen und abtropfen lassen. Sobald der Krapfen kühl genug ist, dass Sie ihn gerade angreifen können, mit dem Spritzsack mit Marmelade füllen ...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... und mit Staubzucker bestreuen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Noch heiß genießen und endlich wissen, wie gut ein Krapfen tatsächlich schmecken kann. (Tobias Müller, 14.2.2021)