Piefke und Tiroler – eine Beziehung mit Höhen und Tiefen. Ein Gastbeitrag von Kabarettist Dirk Stermann.

Tirol steht derzeit im Fokus, politisch wie medial – in sozialen Medien gerne auch mal als "Virol": Laut Ages ist der größte Cluster der Südafrika-Mutation des Coronavirus außerhalb Südafrikas hier zu finden.
Illustration: Felix Grütsch

Ich habe keinen Zweitwohnsitz im Zillertal, plane keine Skilehrerausbildung in Ischgl und kann nicht einmal wedeln. Ich fahre so schlecht Ski, dass von mir schon am Schlepplift große Gefahr ausgeht, wenn ich ungeschickt mit den Stecken fuchtle und unbescholtene Briten oder Dänen treffe, die sich in Tirol einfach nur vergnügen wollten, weil man das bei ihnen daheim gerade nicht so gut kann. Bei denen kann man praktisch gar nichts mehr machen, weil dort ein Virus grassiert, das in Tirol Gott sei Dank, weil heilig, kein Problem ist. Nur Virologen sehen ein Problem, aber die haben keinen Lift und kein Hotel und keine Zimmer, die man herrlich vermieten kann an sportliche Gauditypen aus dem Rest der Welt.

Ich war schon beruhigt, als Peter Schröcksnadel erklärte, dass allein schon die Länge der Ski den Mindestabstand ergeben. Leider gibt es so viele Carverski, die mit ihrer Kürze werben. Aber wer bin ich, mein Maul aufzureißen? Eben, Piefke, Wahlwasserkopfler, Schnauze halten, sonst stehen Schützen vor der Tür.

Ich bin oft und gern in Tirol. Vielmehr war ich oft und gern in Tirol. Kantige Leut’, selbst die mit abgeschliffenen Kanten. Haben sich schon von den Franzosen und Bayern nichts sagen lassen. Auch wenn die Bayern die Pockenimpfung einführen wollten, wer brauchte das neumodische Zeug schon? Die Bayern wollten Mitternachtschristmetten abschaffen, also drauf auf sie. Pockenvernarbt oder nicht. Bisch a Tiroler, bisch a Pockennarbiger. Das galt damals und gilt heute auf eine der Zeit angepasste Form.

Eine Respektsperson

Günther Platter ist Gendarm und somit eine Respektsperson. Obwohl: Gerhard Polt benutzt das Wort "Respekt" immer nur dann, wenn er im Stück eines Kollegen als Zuschauer war und es ihm nicht gefallen hat. "Respekt, Herr Kollege", sagt er dann. Aber Polt ist Bayer und was da sogar die CSU ... Na ja. Voller Respekt für den Landeshauptmann verstehe ich, dass keine Tirolerin gerne kritisiert wird. Gerade im Tourismus sollen schlechte Bewertungen ja nachteilig für das Geschäft sein. Und wenn es ein Ranking gibt, das von Belang ist, dann sieht es so aus: 1. Geschäft, 2. Geschäft, 3. Corona, und unter sehr viel "ferner liefen", mit mehreren Geschäft dazwischen, vielleicht noch, aber nur weil es für das Geschäft vielleicht doch eine Rolle spielt: Klimawandel.

Haben die Pocken auf lange Sicht den Tirolern geschadet? Nein. Andreas Hofer ist ein Held, und Hofers haben in Österreich bis heute einen guten Ruf. Bis auf Norbert, seitdem bekannt wurde, dass sich das burgenländische Weichei impfen lassen will. Da wird er sich wundern, wenn er neben Herbert Kickl bei der nächsten Demo mitläuft. Gegen das, was die Demonstranten ihm da entgegenschleudern werden, gibt es keinen Impfstoff.

"Die Nordkette war immer schon ein Schutzwall gegen Fremdes."

Auf wen sollten Tiroler hören, wenn nicht auf die ihrigen? Das war immer so, und damit ist man gut gefahren. Und dass meinen Tiroler Freunden es immer öfter vor Pein die Gesichtszüge entgleiten lässt, wenn ein offizieller Tiroler sich medial zu Wort meldet, nun, da bin wohl ich schuld oder ihre anderen Kontakte zu Nichttirolern. Die Nordkette war immer schon ein Schutzwall gegen Fremdes. Vielleicht hat sich das einbetoniert in die Betonköpfe. Die ÖVP wird’s richten. Und Sepp Blatter? Oh, jetzt habe ich statt Günther Platter Sepp Blatter geschrieben. Das tut mir leid. Der Vergleich hinkt wie ein gestürzter britischer Skifahrer. Blatter ging es nur um sich, Platter um sein Land. Das Unterland und das Oberland und der sinnlose Rest vom Land, das man Österreich nennt, fällt nicht in seinen Zuständigkeitsbereich.

Wenn sich in Salzburg oder Oberösterreich, in der Steiermark oder, besser noch, in Wien wer ansteckt, liegt das wohl an der Verweichlichung der Nichttiroler. Einen Tiroler haut nichts um. Wie auch. Die Pocken sind verschwunden, aber Tirol steht da.

Es gibt viele DJs

Wenn der DJ einer Après-Ski-Hütte während des Auflegens an Corona krepierte, tauschte man ihn aus. Es gibt viele DJs. Wichtig ist, dass die Musik weiterläuft. Denn in der Stille konsumiert man überlegter, also schlechter, weil weniger. Die Verantwortung endet im nächsten Tal oder, besser noch, unten beim Lift. Auf die Liftmitarbeiter muss man schimpfen. Hätten die ihre Mutationen bei sich behalten, wär alles gut. Muss man so laut husten? Gerade wenn Touristen da sind, die vielleicht noch dazu Medizin studiert haben oder diesen depperten Virologen-Mist? Wie die Bayern mit den Pocken. Da hast du als Andreas Hofer einfach den breitkrempigen Hut tiefer ins Gesicht gezogen, schon waren die Pocken weg. Husten kann man auch nachts allein, in den Schnee am besten. Dann Schneebrunzen drauf und vom Sepp Blatter eine Ehrennadel.

Jetzt hab ich es schon wieder aus Versehen getan. Mir ist nicht zu helfen. Halt die Schnauze, Piefke. Kümmer dich um Nordrhein-West-Bochum. Manda. (Dirk Stermann, 14.2.2021)