Ungarns letztem unabhängigen Radiosender droht das endgültige Aus.

Foto: AFP / Attila Kisbenedek

Brüssel – Wegen des ungarischen Vorgehens gegen den letzten unabhängigen Radiosender des Landes verschärft die EU-Kommission den Ton gegen Budapest und droht mit einem rechtlichen Verfahren. In einem Schreiben des zuständigen Generaldirektors Roberto Viola an den ungarischen EU-Botschafter Tibor Stelbaczky macht die Behörde sich zudem für das Klubradio stark und fordert zumindest die Erlaubnis, für eine Übergangszeit weiter zu senden.

Sorge über Vorgehen Ungarns

Die Rechtsgrundlage für das bevorstehende Aus des Klubradios sei "höchst fragwürdig", schreibt Viola. Die Sendeerlaubnis des Senders läuft in der Nacht zum Montag aus.

Es sei zweifelhaft, dass das ungarische Gesetz zur Vergabe von Sendelizenzen sowie dessen Umsetzung in Einklang mit EU-Recht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stünden, schreibt Viola. Mehrfach bringt er in dem Schreiben vom Freitag, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, seine Besorgnis über das Vorgehen der ungarischen Behörden zum Ausdruck. Die EU-Kommission ist in der Staatengemeinschaft für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zuständig.

Verstöße gegen Meldepflichten

Das Budapester Stadtgericht hatte am Dienstag einen Beschluss der ungarischen Medienaufsichtsbehörde zur Nichtverlängerung der Sendelizenz für das Klubradio für rechtens erklärt. Die Behörde hatte ihre Entscheidung im September mit zwei kleineren Verstößen des Senders gegen Meldepflichten begründet. Dies war schon damals kritisiert worden, da der Medienrat ausschließlich mit Parteigängern des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban besetzt ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung seitens des Senders hat aber keine aufschiebende Wirkung.

Mögliches Verfahren

Viola fordert Budapest nun dazu auf, die Rundfunkfrequenz zumindest für eine Übergangszeit – bis zu einer endgültigen Entscheidung – weiter an das Klubradio zu vergeben. "Ich möchte die ungarischen Behörden dazu aufrufen, dringend zu handeln", um die genannten Anforderungen des EU-Rechts zu erfüllen und "irreparablen Schaden" für das Klubradio zu vermeiden. Bislang habe man von den Behörden keine überzeugenden Antworten bekommen.

Zugleich bringt Viola ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarns ins Spiel. An dessen Ende könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof stehen. Ein Kommissionssprecher hatte bereits am Mittwoch gesagt, man werde nicht zögern zu handeln, wenn EU-Regeln nicht eingehalten würden. Seit seinem Regierungsantritt 2010 hat Orban weite Teile der ungarischen Medienlandschaft seiner Kontrolle unterworfen. (APA, 13.2.2021)