Wenn sich Kurz und Blümel so sicher sind, dass nichts an den Vorwürfen dran ist, wären sie gut beraten, etwas souveräner zu agieren.

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Die ÖVP schlägt derzeit wild um sich, klagt Poster, die sich nicht an die Unschuldsvermutung halten, attackiert die Justiz und ganz besonders die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen einen der ihren führt. Nicht nur gegen einen der ihren, sondern gegen eine der wichtigsten Personen in der ÖVP, Finanzminister und Obmann der Wiener Volkspartei, vor allem aber: den engsten und wichtigsten Vertrauten von Parteiobmann und Kanzler Sebastian Kurz. Und wer sich in den Akt vertieft, könnte zur Schlussfolgerung kommen: Hier geht es weniger um Gernot Blümel als Beschuldigten, sondern um den ganz oben, also um Sebastian Kurz. Um den Kopf. Den Kanzler. Den Paten, wenn man dem Argumentationsstrang der Staatsanwälte folgen will, die hier ein kriminelles Netzwerk zumindest für möglich halten.

Der Ordnung halber

Es geht um Korruption. Um politische Gefälligkeiten für einen Glücksspielkonzern und um die finanziellen Gegenleistungen. Die WKStA lehnt sich hier weit aus dem Fenster, wenn sie eine Hausdurchsuchung gegen den amtierenden Finanzminister beantragt und diesen als Beschuldigten führt. Sollten die Verdachtsmomente nicht ausreichen, sollten die Indizien nicht dicht genug sein, sollten Beweise nicht als schwer genug erachtet werden und es zu keiner Anklage kommen, Blümel also bloß politisch beschädigt worden sein, dann hat sich die WKStA damit auch selber massiv geschadet. Der Ordnung halber sei angefügt, dass laut Gesetzeslage auch die versuchte Anbahnung von Bestechung straffällig ist, nicht erst der nachgewiesene Vorgang. Das vertraute Naheverhältnis zwischen ÖVP und Novomatic gehört jedenfalls untersucht.

"Linkes Netzwerk" in der WKStA

Politisch sind die Korruptionsermittler dem Kanzler schon länger ein Dorn im Auge, er vermutet ein linkes Netzwerk in der WKStA und damit nicht ganz saubere Beweggründe in der Art und Weise, wie hier ermittelt und kommuniziert wird. Kurz und Blümel mögen sich jetzt bestätigt fühlen. Wem die Unabhängigkeit der Justiz aber ein Anliegen ist, der muss dafür sorgen, dass den Staatsanwälten politisch der Rücken freigehalten wird und sie ohne Druck und Vorgaben ermitteln können – in alle Richtungen.

Wenn sich Kurz und Blümel so sicher sind, dass nichts an den Vorwürfen dran ist, wären sie gut beraten, etwas souveräner zu agieren und den Ball flach zu halten. Jetzt auf alles einzudreschen, was den Kopf hebt, wird eher als Zeichen hochgradiger Nervosität denn als ein Beleg für untadeliges Benehmen und eine saubere Weste wahrgenommen. (Michael Völker, 14.2.2021)