Fasching ist für manche eine Pflichtübung, für andere – vor allem Kinder – ein Saisonhighlight.

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Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wäre der Fasching heuer abgesagt. Im Wiener Kostümladen Faschingsprinz ist die Ware direkt beim Eingang reduziert: "Madame Vamp" gibt es um minus 30 Prozent, 39,90 steht auf einem roten Sticker, der an einer Schulmädchenuniform klebt. Der zweite Blick zeigt jedoch: Ganz so wenig ist doch nicht los hier.

Klar, die erlaubte Personenanzahl ist begrenzt, doch in den schmalen, langen Gängen drängeln sich hier und dort dann doch die Leute. Eine Verkäuferin ruft: "Hast du den Miraculix weggeräumt?" – "Nein, aber die Kollegin holt gerade einen Obelix." Während der Chef kassiert, diskutiert er am Telefon über Minnie Maus: "20 Euro müssen S' da schon rechnen", sagt er.

Fasching als "Pflichtübung"

Nicht besonders traurig über den geschmälerten Fasching ist eine Mutter, die in der Hutabteilung zwei Packungen Dino-Kostüme in den Händen hält. "Für uns ist Fasching eine Pflichtübung", sagt sie, "die Schule zieht das halt durch." In einem anderen Gang hört man eine Mutter rufen: "Adrian, wir müssen raus. Hier sind viel zu viele Leute, das geht nicht."

Weiter hinten im Laden steht zwischen Samt, Latex, Glitzer und Tüll eine junge Mutter. "Es ist trist heuer", sagt sie über die Faschingssaison. Als Kärntnerin würde ihr der Umzug fehlen – und erst die Party danach mit Freunden. Immerhin könnten die Kinder in der Schule feiern. Allerdings: Das Naruto-Kostüm für den Sohn, der genervt an der Mutter vorbeistapft, gibt es nicht. Für gewöhnlich, so sagt sie, gehe es um diese Zeit im Jahr hier beim Faschingsprinz ganz anders zu, dann würden die Schlagen vor dem Laden bis ans Eck reichen.

Kann man nicht nachfeiern

In einem normalen Jahr "würden an einem Tag wie heute die Leute hereinströmen", sagt auch Sabine Schmid, Chefin des Traditionsfaschingsgeschäfts E. D. Witte an der Linken Wienzeile. Der Ansturm blieb bei ihr heuer aus. "Wir können das auch nicht mehr aufholen – in einem Monat will niemand mehr Fasching nachfeiern." Kinderkostüme seien es, die auch hier vor allem über die Theke gingen. "Es kann heuer einfach keiner feiern oder sich treffen", sagt Schmid: "Auch wenn wir offen haben, sind die Umsätze darum nicht gut. Wir leben gerade von den Kindergartenfesten."

Ein Glück sei es, dass die großen Ketten heuer den Fasching abgeschrieben hätten, sagt Schmid. Doch alle Wünsche könne man nicht erfüllen: Spezielle Film- und Serienkostüme seien oft im nächsten Jahr bereits wieder out. Der elfjährige David wird trotzdem fündig: Als Spiderman wird er das Faschingsfest in der Schule besuchen. Das Kostüm hat er in einer der vier Kabinen anprobiert, die Mama hat Fotos davon gemacht. "Jeder Kunde kann bei uns alles anprobieren, unser Geschäft ist auf Beratung spezialisiert – wir müssen uns ja von den Großen abheben", sagt Schmid.

Kleine Party

Doch auch bei dem künftigen Superhelden wird die Party dieses Jahr kleiner ausfallen als sonst. "Heuer wird es keinen Umzug geben", klärt seine Mutter auf. Statt durch die Schule zu ziehen und sich zum gemeinsamen Großevent in der Turnhalle zu treffen, werden die Schüler nur in ihren eigenen Klassen feiern.

Ein kleines Fest mit Krapfen, Dekoration und Verkleidungen soll es trotz Pandemie auch bei ihr zu Hause geben, erzählt eine andere Mutter mit Kleinkind am Arm an der Kassa. Kostüme gibt es bereits: "ein Henderl und einen Dino", sagt die Mama und deutet auf ihre Begleitung – und der Dino in spe packt die soeben erworbenen Luftschlangen in den Kinderwagen des Henderls. (Gabriele Scherndl, Oona Kroisleitner, 15.2.2021)