Grenzkontrolle in Kiefersfelden. Wer aus Tirol oder aus Tschechien nach Bayern will, wird gestoppt.

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Montag ist Beratungstag – und vielleicht auch wieder der Tag, an dem die Regierung den weiteren Corona-Fahrplan bekanntgibt. Am Vormittag holt Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wieder die Expertise von Fachleuten ein, zu Mittag sind Regierungsgespräche mit der Opposition geplant, am frühen Nachmittag mit den Landeshauptleuten. Und wieder beziehungsweise noch immer ist Tirol ganz vorne auf der Themenliste. Werden Reisebeschränkungen für Tirol verlängert? Springt die Regierung dem Bundesland im Match gegen den bayerischen Nachbarn zu Seite?

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der wegen des Tirol-Clusters der südafrikanischen Corona-Mutation am Sonntag die Grenze zu Tirol dichtmachte, blieben sich jedenfalls am Wochenende nichts schuldig. "Seit Wochen lässt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder keine Gelegenheit aus, um Attacken gegen Tirol zu reiten. Diese ständigen abschätzigen Bemerkungen sind letztklassig und eines Ministerpräsidenten nicht würdig. So geht man mit Nachbarn nicht um", postete die Tiroler Volkspartei auf Instagram und dazu ein Konterfei von Landeshauptmann Platter.

Söder hingegen wies die Kritik am Sonntag bei einem Besuch in Schirnding an der tschechischen Grenze zurück. Die Kontrollen bedeuteten nicht das Ende des freien Europas, wie manche sagten. "Was für ein Unsinn." Ziel der Grenzkontrollen sei, das Einschleppen von ansteckenderen Varianten des Coronavirus über die Grenze einzudämmen. Sowohl in Tschechien als auch in Tirol sind diese Varianten deutlich stärker verbreitet als in Deutschland.

Zum Mutationsland erklärt

Schon am Donnerstag hatte Söder Tirol zum "Mutationsland" erklärt und die deutsche Regierung dazu bewogen, einem Hinunterlassen der Grenzbalken zuzustimmen. Aus Tirol wie Tschechien dürfen derzeit nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für Ärzte, Kranken- und Altenpfleger, Lkw-Fahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. In Tirol wurden von der neuen Regelung vor allem die rund 5.000 Deutschland-Pendler kalt erwischt.

Am Sonntag schließlich gestand Söder Tiroler Pendlern bestimmte Ausnahmen zu. Demnach dürfen Pendler nach Deutschland einreisen, wenn sie gebraucht werden, um den Betrieb in systemrelevanten Branchen aufrechtzuerhalten.

Arbeitsvertrag vorweisen

Diese "systemrelevanten" Pendler müssen in den kommenden Tagen ihren Arbeitsvertrag dabeihaben und an der Grenze den deutschen Beamten vorzeigen. Bis Dienstag sollen die deutschen Bundesländer Bayern und Sachsen Betriebe offiziell als systemrelevant definieren und individuelle Bescheinigungen ausstellen, die an der Grenze vorgezeigt werden sollen. "Wir gehen pragmatisch vor, wo immer das möglich ist", sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer.

Für Landeshauptmann Platter ist das aber nicht akzeptabel. Er fordert weiterhin eine Ausnahme für alle Tiroler Pendler. Zudem sei derzeit entgegen anderslautenden Aussagen das Durchfahren ohne Stopp über das kleine und große deutsche Eck nicht möglich. Jemand, der von Tirol nach Salzburg oder Wien reisen will, müsse nun großräumig ausweichen. "Eine solche Vorgangsweise ist weder verhältnismäßig noch sinnvoll", zeigte sich Platter verärgert. Schützenhilfe erhielt er am Sonntagabend von Innenminister Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP). Beide bezeichneten die bayerische Sperre ebenfalls als nicht akzeptabel.

Deutsche Autoindustrie kritisiert Testpflicht

Viele bayerische Betriebe hatten befürchtet, am Montag nicht wie gewohnt produzieren zu können. In dem deutschen Bundesland arbeiten nach den aktuellsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 22.000 Tschechen und 9.600 Österreicher, viele davon im verarbeitenden Gewerbe.

Die Autoindustrie sieht trotz der Erleichterungen Probleme – vor allem, weil auch Lkw-Fahrer einen aktuellen Corona-Test vorlegen müssen. Diese Testpflicht sei so kurzfristig gar nicht umzusetzen, erklärte der Branchenverband VDA. Weil die Maßnahmen so kurzfristig gekommen wären, hätten sich die Werke keine Zulieferkomponenten auf Vorrat legen können. Die Automobilproduktion werde ab Montagmittag deshalb größtenteils zum Erliegen kommen. "Die Werke in Ingolstadt, Regensburg, Dingolfing, Zwickau und Leipzig sind als Erste betroffen."

Italien verschärft Einreise

Auch südlich des Bundesgebietes tat sich eine neue Front auf: Wegen der Ausbreitung der Südafrika-Variante des Coronavirus verschärfte Italien die Regeln für die Einreise. Reisende aus Österreich nach Italien müssen sich einem Corona-Test und einer Quarantäne unterziehen, sieht eine neue Verordnung von Gesundheitsminister Roberto Speranza vor. Die Verordnung trat schon am Sonntag in Kraft und gilt vorerst bis zum 5. März. Die Maßnahmen gelten für jede Person, die sich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Stunden in Österreich aufgehalten hat – also auch für Durchreisende.

Abschottung funktioniert

Die seit Freitag geltende innerösterreichische Abschottung von Tirol – für eine Ausreise braucht man einen negativen Test, der nicht älter als 48 Stunden ist – funktioniert laut Polizei ganz gut. Am ersten Tag der Maßnahme sei 459 Menschen die Ausreise untersagt worden, am Samstag nur mehr 355. Freitag und Samstag wurden 15.290 Personen an den 44 Kontrollpunkten angehalten. Insgesamt seien 9.087 Fahrzeuge (inklusive Züge) überprüft worden, teilten die Behörden mit. (simo, brun, APA, 15.2.2021)