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Für viele Nutzer ein Hit, für Datenschützer kritisch: In Deutschland wurde die Clubhouse-App bereits abgemahnt.

Foto: Reuters / Florence Lo

Die neue App Clubhouse trifft mit ihren Chatrooms für Livetalks und Diskussionsrunden offenbar den Nerv der Zeit. Auch gibt sie den Nutzern ein Gefühl von Exklusivität; anders als bei klassischen Messenger- und Web-Co-Diensten können sie nur auf Basis einer Einladung mit einem iPhone beitreten.

Während die Nutzerzahlen stetig zunehmen, wird auch die Kritik der Datenschützer immer lauter. In Deutschland gibt es dazu bereits eine Abmahnung der Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV.

Wie die meisten Messenger-Apps greift auch Clubhouse auf die im Smartphone gespeicherten Kontaktdaten zu. Das ist nicht nur Grundvoraussetzung für die Nutzung, sondern auch notwendig, um Freunde einladen zu können.

Datenschutzrechtlich unbedenklich ist das jedoch nur in Bezug auf Personen, die die App bereits selbst nützen und der Funktion zugestimmt haben. Bei einem Vollzugriff auf sämtliche Kontakte sind denklogisch auch Informationen von Dritten betroffen, die kein iPhone haben und/oder die App nicht nutzen.

Für eine solche pauschale Datenweitergabe gibt es – ähnlich wie bei anderen ähnlichen Applikationen – keine saubere datenschutzrechtliche Rechtfertigung: Weder liegt eine Einwilligung der betroffenen Kontakte vor, noch erfolgt die für das Abstellen auf berechtigte Interessen erforderliche Interessenabwägung.

Letzteres setzt insbesondere voraus, dass der Nutzer für jeden Kontakt entscheiden kann, ob und warum er diesen an den App-Anbieter übertragen möchte. Die Rechtsgrundlage der berechtigten Interessen endet aber jedenfalls bei der bloßen Einladung und Herstellung der gewünschten Vernetzung. Jede andere Nutzung durch Clubhouse für eigene Zwecke erfordert dagegen regelmäßig eine Einwilligung des Nutzers.

Private oder berufliche Nutzung

Bei bloß privater Nutzung von Clubhouse ist das praktische Risiko gering, wenn auch rechtlich nicht unproblematisch: Es wird weitgehend vertreten, dass Privatpersonen regelmäßig unter die Haushaltsausnahme fallen.

Das bedeutet, dass Datenverarbeitungen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausgenommen sind. Ob das angesichts der derzeitigen Rechtsprechung der Datenschutzbehörde in dieser Pauschalität aufrechterhalten werden kann, ist jedoch fraglich.

So geht diese nicht nur bei Videoüberwachung im privaten Bereich von der Anwendbarkeit der DSGVO aus, sondern hat auch bei der Offenlegung zahlreicher E-Mail-Adressen durch CC-Setzen die Haushaltsausnahme verneint.

Verwenden die Nutzer die App aber (auch) für berufliche Zwecke und/oder greift diese auf berufliche Kontaktdaten zu, ist jedenfalls ein anderer Maßstab anzulegen. Zu den bereits angesprochenen Datenschutz- und Datensicherheitsverletzungen können auch Verstöße gegen gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen hinzutreten.

Daneben sind auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche bei Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, z. B. der Kundenstruktur über die Kontakte, denkbar.

Clubhouse geht bei der Nutzung der Kontaktdaten aber noch einen Schritt weiter: Der Anbieter speichert vorsorglich sämtliche hochgeladenen Kontakte – ob Nutzer oder nicht – und erkennt, wie viele "Freunde" diese bereits auf Clubhouse haben. Auf dieser Basis werden sogar für Kontakte, die die App gar nicht nutzen, Schattenprofile angelegt.

Unabhängig von der dafür fehlenden Rechtsgrundlage geht damit auch ein Verstoß gegen die Daten- und Speicherminimierungspflicht einher. Hinzu kommt der offensichtliche Verstoß gegen die Informationspflichten: Gerade Personen, deren Kontaktdaten von Dritten durch Nutzung der App an Clubhouse übermittelt wurden, erfahren in der Praxis nichts von ihrem Glück.

Kritische Aufzeichnungen

Noch kritischer ist die Aufzeichnung (!) der Livegespräche durch Clubhouse. Das ist aus datenschutz- wie auch strafrechtlichen Gründen (uU § 120 StGB) nur auf Basis einer vorherigen freiwilligen Einwilligung der Gesprächsteilnehmer zulässig.

Diese wird jedoch aus Erfahrung nicht nur an den strengen Vorgaben an den Inhalt, die Transparenz und Aufmachung der Einwilligungserklärung scheitern, sondern wohl auch an der Art der Einholung: Die bloße Nutzung der App oder die daran gekoppelte Einwilligung durch Akzeptanz der Nutzungsbedingungen reichen hierfür nicht aus.

Letztlich wird die Zulässigkeit wohl auch an der Zweckmäßigkeit scheitern: So ist eine automatische Aufzeichnung sämtlicher Gespräche zur anlasslosen Sammlung von Beweisen für die Nachverfolgung etwaiger gemeldeter Missbrauchsfälle, wie von Clubhouse argumentiert, wohl nur schwer als gelindestes Mittel einordbar.

In der derzeitigen Ausgestaltung ist die Nutzung der App aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten kritisch, vor allem bei einer gemischten Nutzung im betrieblichen Umfeld. Dass die App dennoch so beliebt ist, verwundert jedoch nicht – es fehlt schlicht an Alternativen aus dem europäischen Raum.

Der betroffene Nutzer bleibt dabei aber auf der Strecke: Auch wenn die DSGVO greift und die Pflichten für den Anbieter und Rechte für die Betroffenen daher zur Gänze anwendbar sind, scheitert die faktische Durchsetzung an der fehlenden Vollstreckbarkeit in den USA. (Nino Tlapak, Alexandra Ciarnau, 15.2.2021)