Vincent Kriechmayr gelang Historisches.

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Wenn der Bundespräsident einen Tweet mit Glückwünschen verfasst und Marcel Hirscher das Smartphone zückt, um sich als Gratulant einzustellen, muss sich Historisches in der Sportgeschichte ereignet haben. So geschehen am Sonntag bei der alpinen Ski-Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo, wo Vincent Kriechmayr drei Tage nach seinem Triumph im Super-G auch Abfahrts-Gold folgen ließ.

Frage nicht, was aus dem in Linz geborenen Flachländer geworden wäre, hätte sein Vater nicht als Skilehrer in Obertauern die Kunst des alpinen Skilaufs gelehrt und also auch seinen Sohn unter die Fittiche genommen. Seine aus Belgien stammende Mutter, eine Kunstgeschichtelehrerin, hätte ihn seinerzeit wohl nicht auf die Bretter gestellt, die alsbald seine Leidenschaft bedeuteten. Ihr verdankt der ruhige, sympathische und geerdete Typ seinen Vornamen Vincent, in Anlehnung an den Begründer der modernen Malerei und Post-Impressionisten Vincent van Gogh.

Die Paradedisziplin des in Gramastetten im Mühlviertel lebenden 29-Jährigen ist der Super-G, wenngleich ihm sein erster großer Erfolg mit Silber bei der Junioren-WM 2011 in Crans-Montana 2011 im Riesentorlauf hinter dem Franzosen Alexis Pinturault gelang.

Mit Super-G-Erfolgen in Kitzbühel und Garmisch-Partenkirchen hat sich der zweifache Medaillengewinner bei der WM in Åre 2019 (Super-G-Silber und Abfahrtsbronze) und achtfache Weltcupsieger in die Favoritenrolle für die WM gedrängt und diese mit Gold bestätigt. Sein Erfolg in der WM-Abfahrt, der erste in der schnellsten Disziplin für den ÖSV seit jenem von Michael Walchhofer 2003 in St. Moritz, kam hingegen etwas überraschend. Kriechmayr hat sich damit in einen illustren Kreis begeben, zumal außer ihm nur Hermann Maier und dem US-Amerikaner Bode Miller bei einer WM das Kunststück gelang, zwei Titel in den Speeddisziplinen zu holen.

Der 1991 tödlich verunglückte Rudolf Nierlich, auch Oberösterreicher, schaffte eine derartige Glanztat 1989 in Vail, als er mit Siegen in Riesenslalom und Slalom ebenso zum Doppelweltmeister avancierte. Mit Maier oder Miller will sich Kriechmayr nicht vergleichen. "Sie sind auch Olympiasieger, Gesamtweltcupsieger und weiß der Herrgott was", sagte er und wähnte auch Glück auf seiner Seite, schließlich entschied nur eine Hundertstel zu seinen und nicht zu des Deutschen Andreas Sanders Gunsten. (Thomas Hirner, 14.2.2021)