Christian Thielemann: gute Beziehung zu Bruckner und den Wiener Philharmonikern.

Matthias Creutziger

Was der März bezüglich der Konzertaktivität bringen wird, darüber rätselt auch die Leitung der Wiener Philharmoniker. Geschäftsführer und Kontrabassist Michael Bladerer rechnet nicht mit signifikanter Belebung des Musiklebens. Und auch der Blick in die ferne Sommerzukunft, zu den Salzburger Festspielen, dürfte einige Fragezeichen erspähen.

Kurzfristig vertröstet sich das Orchester mit Phantomkonzerten. Zu diesen sind nur negativ getestete Medienvertreter zugelassen wie auch ORF samt der Firma Unitel, durch welche die Konzerte zumindest telegen öffentlich werden.

Immerhin Bruckner

Auch für diese Kooperation existieren gewisse Grenzen: So wird das Philharmonische mit Dirigent Gustavo Dudamel, das demnächst hätte aufgenommen werden sollen, abgesagt. Grund: Ohne Unitel und TV wird ein Konzert zurzeit für das Orchester zum Verlustgeschäft.

Immerhin aber wird der Zyklus mit Christian Thielemann fortgesetzt, bei dem man nach und nach alle Bruckner-Symphonien aufnimmt. Im März wird im Musikverein die Fünfte festgehalten; nun war die Erste dran.

Bezüglich der offensichtlichen Qualität der Interpretation kommen dabei einige Besonderheiten zusammen: Da die immer sehr beschäftigten Philharmoniker in der Wiener Staatsoper als dessen Orchester auch zur Faststille verurteilt sind, öffnen sich im Gegenzug kräfte- und probenmäßig Möglichkeiten, die in normalen Zeiten undenkbar wären.

Viele Proben

Sechs Proben gab es nun zur ersten Symphonie (Wiener Fassung). Zum anderen herrscht zwischen Thielemann und Orchester eine besondere Übereinstimmung. Zwischen den souverän vermittelten Ansichten des Dirigenten und den Möglichkeiten des exzeptionellen Orchesters passt offenbar kein Notenblatt.

Bereits im verflossenen Sommer, bei den Salzburger Festspielen, wirkte Bruckners Vierte als Fusion von Dramatik, poetischer Detailversessenheit und Leichtigkeit. Auch bei der Ersten war das Paradox einer monumentalen Kammermusik zu erleben, die behutsam zum Höhepunkt des bereits großdimensionierten vierten Satzes geführt wird.

Intensive Klarheit

Das Aufblühen des philharmonischen Klangs produziert nie vernebelnde Süße. Vielmehr wirkt alles voll der atmosphärisch aufgeladenen Klarheit. Es ist quasi strukturierte Emotionalität, die sich etwa im ersten Satz als Verbindung des Dramatischen mit dem Sanften darstellt. Der Wechsel zwischen hell und dunkel, jener zwischen massiv und zierlich – er vollzieht sich selbstverständlich. Wie jede tolle Interpretation, so suggerierte auch diese, es könne alles gar nicht anders klingen. Schöne Illusion. (Ljubiša Tošic, 15.2.2021)