Ankara – Die türkische Polizei hat am Montag in 40 Städten mehr als 700 Personen wegen mutmaßlicher Kontakte zu kurdischen Aktivisten festgenommen. Laut Innenministerium sind unter den Festgenommenen auch führende Vertreter der prokurdischen HDP, der zweitgrößten Oppositionspartei. Den 718 Festgenommenen werden Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen.

Die türkische Regierung hatte der PKK am Sonntag vorgeworfen, 13 im Nordirak gefangen gehaltene Türken hingerichtet zu haben. Die PKK wies das zurück und machte einen türkischen Bombenangriff für den Tod der 13 Türken verantwortlich. Bei den meisten Getöteten handelte es sich offenbar um türkische Soldaten und Polizisten, die 2015 und 2016 von der PKK entführt worden waren.

Meral Danis Bestas, HDP-Abgeordnete im türkischen Parlament, verurteilte das Vorgehen gegen ihre Partei. Jeden Vorfall als Konzept anzusehen, um die HDP anzugreifen, sei ein Versuch, die Tatsachen zu verschleiern, schrieb sie auf Twitter.

Türkische Menschenrechtsanwältin zu langer Haft verurteilt

Ein Gericht in Istanbul hat unterdessen am Montag die Menschenrechtsanwältin Eren Keskin zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Ihr wurde Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vorgeworfen. Keskin hatte vorübergehend symbolisch die Funktion der Chefredakteurin der kurdischen Zeitung "Özgür Gündem" inne. Die Zeitung war seit geraumer Zeit Repressionen der Behörden ausgesetzt und wurde 2016 im Zuge der Maßnahmen nach dem Putschversuch verboten.

Eren Keskin (rechts) bei Protesten vor dem saudischen Konsulat in Istanbul nach der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi.
Foto: AFP/Kose

Die Organisation Amnesty International kritisierte das Urteil gegen Keskin. Dieses sei "ein deutliches Signal der weiter katastrophalen Menschenrechtslage in der Türkei", erklärte der Generalsekretär des deutschen Amnesty-Ablegers, Markus Beeko. Die türkische Justiz sei erneut zu einem politischen Werkzeug geworden, mit dem die Regierung gegen die Zivilgesellschaft vorgehe. (red, 15.2.2021)