"Brennen soll sie, die Hexe Maria, brennen, die falsche Prophetin!" Dann lodert der seltsame Scheiterhaufen, aber was ist das denn: Es ist die "falsche" Maria darauf, es ist der utopische Maschinenmensch, ein Roboter, der nach dem Autodafé verglüht. Verkündet ward dem geknechteten Proletariat ein Mittler, ein alliterierender Erlöser zwischen Hirn (Elite) und Hand (Arbeiter), das Herz – und genau so, positiv, endet der Film.

Die Rede ist von Fritz Langs Metropolis, der Maschinenmensch feiert dieser Tage im Transhumanismus, der KI- und der anhaltenden Sci-Fi-Begeisterung für Androiden apokalyptisch Wiederauferstehung, und der damalige Scheiterhaufen bestand vorwiegend aus jenen Automobilen, von denen dieser Beitrag als Hauptakteur handelt und worin sich das Adjektiv "seltsam" begründet.

Das Exemplar im Deutschen Technikmuseum Berlin hat eine abenteuerliche Geschichte hinter sich. Aerodynamik: Selbst die Kotflügel sind dahingehend optimiert. Seinerzeit erwünschter Nebeneffekt war auch: geringstmögliche Staubentwicklung –
wobei nicht Feinstaub gemeint war, sondern gröberer, jener auf
den Straßen.
Foto: Kirchner

Da staunten die Zeitgenossen nämlich nicht schlecht, als sie vor 100 Jahren vor diesem Fahrzeug standen. Edmund Rumpler (1872–1940), ein Wiener in Berlin wie der jüngere Fritz Lang (1890–1976), präsentierte am 23. September 1921 auf der Deutschen Automobilausstellung in Berlin seinen Tropfenwagen, und so etwas hatte die Welt bislang noch nicht gesehen. Ein Auto wie von einem anderen Stern.

Ein genialer Wurf

Zwei Dekaden davor erst hatte, ebenfalls auf Initiative eines Österreichers, das Automobil konstruktiv und optisch das unmittelbare Kutschenzeitalter hinter sich gelassen: Im Jahr 1900 hatte Emil Jellinek "beim Daimler" ein paar Dutzend eines neuen Wagentyps bestellt und nach seiner Tochter Mercédès benannt: Mercedes war geboren.

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Edmund Rumpler (Mitte) im Jahr 1910 vor der "Taube".
Foto: Picturedesk

Und nun, in den Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit, dieser geniale Wurf. Rumpler war schon vor dem Krieg zu einiger Bekanntheit gelangt, indem er die "Etrich-Taube", eines der ersten in höherer Stückzahl gefertigten und als "Rumpler-Taube" vermarkteten Flugzeuge, in Berlin produzierte. Inzwischen war dem Deutschen Reich motorisiertes Fluggerät durch die Siegermächte verboten worden, auch der stets umtriebige, ideensprühende Rumpler musste umsatteln und widmete sich der Konstruktion von rollendem Gefährt – ohne dabei seine Herkunft zu vergessen, in der die Aerodynamik eine wichtige Rolle spielte.

Gescheit, gescheiter, gescheitert

Der Pionier der automobilen Aerodynamik in den 1920ern.
Foto: Ullstein Bild

Resultat: Ein Fahrzeug, dessen Grundriss wie ein Tropfen aussieht. Um es gleich vorwegzunehmen: Der Tropfenwagen folgte der Steigerungsform "gescheit, gescheiter, gescheitert", 1925 wurden die letzten von rund 100 Exemplaren in den Rumpler-Werken in Berlin-Johannisthal gebaut, und weil sie standen wie angeschraubt, kaufte die UFA aus der Konkursmasse den Restbestand für das Metropolis-Projekt (mit dem die UFA selbst beinahe in die Pleite schlitterte) auf, zu zerstörerischen Zwecken. Heute gibt es genau noch zwei Exemplare, eines davon machte Rumpler dem Deutschen Museum in München persönlich zum Geschenk, das andere befindet sich nach abenteuerlicher (US-)Vorgeschichte heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin, in passender Umgebung ausgestellt, in der Luftfahrtabteilung.

Neben dem Nachkriegselend, in dem kaum wer 17.000 Goldmark einfach so hinblättern konnten, hatte das Scheitern weitere, konstruktive Gründe: flatternde Lenkung, anfälliger Siemens-6-Zylinder-Motor, fehlender Kofferraum.

Auf der Habenseite standen: Platz für bis zu sechs Fahrgäste, die bequem einsteigen und wie bei einem heutigen SUV angenehm hoch sitzen konnten. Erstmals Mittelmotorkonzept – heute Standard bei Supersportwagen –, erstmals gewölbte Frontscheibe, Einzelradaufhängung, nur ein Scheinwerfer an der Front, luftschlüpfrige Kotflügel, und vor allem: erstes nach aerodynamischen Kriterien konstruiertes Automobil, geformt nach Modellen, die in einer Gebläsekammer erprobt wurden. Sieht nicht von ungefähr ein wenig aus wie die Gondel eines Zeppelins auf Rädern.

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Ein Geniestreich, seiner Zeit weit voraus – der Tropfenwagen als Cabrio.
Foto: Picturedesk

Später, 1979, wurde im (VW-)Windkanal ein cw-Wert von 0,28 ermittelt. Sensationell. Wir erinnern uns: Der "Weltmeister" Audi 100 schaffte 1982 0,30, Opels Calibra 1989 0,26. Erst im Wendejahr also war Rumplers Rekord gefallen. Das geniale Konzept gehört somit nicht auf den Scheiterhaufen, sondern den Olymp der Technikgeschichte. (Andreas Stockinger, 6.3.2021)