Die sieben Gründer von Incubed IT (im Bild mit einem achten Teammitglied, einem Roboter) dürfen nicht über den Kaufpreis sprechen.

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Selbst aufmerksamen Beobachtern der heimischen Gründerszene waren sie nicht bekannt, nun machen sie bereits den großen Sprung: Das im Jahr 2011 von sieben Absolventen der TU Graz gegründete Start-up Incubed IT lässt sich vom US-Konzern Verizon kaufen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, nicht einmal eine Größenordnung darf Christoph Zehetner, Produktverantwortlicher bei Incubed IT, im Gespräch mit dem STANDARD nennen – man dürfte aber viel Potenzial in der gemeinsamen Zukunft sehen.

Kinder des Robocup

Entstanden ist das Konzept von Incubed IT im Rahmen des Robocup. Die ersten Prototypen für Transportroboter-Lösungen wurden bereits 2007 entwickelt, inzwischen werden die Smart Shuttles der Steirer in Industrie und Handel eingesetzt. Der Fokus des Unternehmens liegt dabei auf der Steuerungsintelligenz, auf dem Betriebssystem – also quasi auf dem "Android für Droiden".

Die Software kann frei navigierende Transportroboter autonom im Raum steuern und ist in der Lage, Hindernissen dynamisch und situativ auszuweichen. Die Lösung umfasst sowohl die Verwaltung, Steuerung und Optimierung der einzelnen Shuttles als auch die übergeordnete Koordination von gemischten Roboterflotten in industriellen Umgebungen. Seit der Gründung, so Zehetner, haben die mit der Software ausgestatteten Roboter eine Strecke zurückgelegt, die einmal zum Mond und zurück reicht.

Von Beginn an positiv

Zehetner betont, dass sich das Unternehmen von Beginn an durch eigene Leistung finanziert habe. "Am Anfang wollten uns die Banken noch nicht einmal eine Kreditkarte geben, weil wir ein paar Studenten waren, die im T-Shirt in die Filialen spaziert sind", erinnert er sich. "Aber ab dem zweiten oder dritten Monat waren wir Cashflow-positiv, dann hat sich das rasch geändert."

Zuletzt hielten die Gründer 70 Prozent am Unternehmen, der Grazer Automatisierungsanbieter Knapp AG 30 Prozent. Gegenüber der APA ist von einem Jahresumsatz "in niedriger Millionenhöhe" mit 32 Mitarbeitern in Graz die Rede.

Warum Verizon?

Warum also ein erfolgreiches Unternehmen verkaufen? Zum einen dürfte freilich der Kaufpreis Teil der Entscheidung gewesen sein. Weiters betont Zehetner aber auch, dass Verizon von Anfang den Großteil der Gründervision geteilt habe.

Unter anderem dürfte die 5G-Technologie des Telcos gut mit der Robotiksoftware der Steirer zusammenarbeiten. Und auch das Vertriebsnetz des Konzerns dürfte den TU-Absolventen helfen, den Markt weiter zu bearbeiten – wiewohl Zehetner lächelnd anmerkt, dass es "leichter ist, einem Techniker Wirtschaft beizubringen, als umgekehrt".

Spielplatz für Erwachsene: Das Büro von Incubed IT.
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Verizon wiederum nutzt den Zukauf, um Use Cases für die 5G-Technologie anzubieten. Denn jede neue Technologie bringt neue Geschäftschancen mit sich, und im Fall von 4G hatten die Netzbetreiber die Rechnung ohne den Zuckerberg gemacht: Während die Plattformen und sozialen Netzwerke Geschäftsmodelle entwickelten und zu den wertvollsten Unternehmen der Welt avancierten, wurden viele Telcos auf die Rolle von Technologieanbietern reduziert.

Nun heißt es von Verizon in einer begleitenden Presseaussendung, dass man mit der Übernahme der Steirer "Roboterautomatisierung im großen Maßstab" betreiben will.

Wirtschaftsministerium prüft Übernahme

Die Übernahme von österreichischen Firmen in für Sicherheit oder öffentliche Ordnung relevanten Sektoren durch Unternehmen von außerhalb der EU muss im Rahmen des seit Mitte 2020 gültigen Investitionskontrollgesetzes durch das Wirtschaftsministerium unter die Lupe genommen werden. Deswegen wird auch die Incubed-Übernahme geprüft. Sie soll voraussichtlich noch in der ersten Jahreshälfte finalisiert werden. Seitens des Grazer Unternehmens wird die Übernahme von i5invest begleitet.

Seitens Incubed IT heißt es, dass nach der Übernahme alle sieben Gründer vorerst mit an Bord bleiben. Die Zahl der Mitarbeiter soll auf knapp 60 fast verdoppelt werden, der Standort Graz wird beibehalten. (Stefan Mey, 15.2.2021)