In unmittelbarer Nähe von unversiegelten Bodenflächen ist das Streuen von Salz in Wien grundsätzlich verboten. Ökologische Auftaumittel wie Kaliumcarbonat sind erlaubt.

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Auch dieser Weg ist ordentlich gesalzen.

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"Weil es sich hier um einen kombinierten Geh- und Radweg handelt, ist der Bereich laut Paragraf 5 der Verordnung vom Salzstreuverbot ausgenommen", heißt es auf Anfrage von der MA 48.

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Wien – So auffällig wie derzeit ist es selten zu sehen: Viele Fahrbahnen und Gehsteige in Wien sind dreckig-weiß geblieben, auch wenn dort seit Tagen kein Schnee mehr liegt. Schuld ist das aufgebrachte Streusalz: In Kombination mit den tiefen Temperaturen sowie Trockenheit bleibt es so lange sichtbar, bis es durch Schneefall, Regen und Feuchtigkeit wieder weggewaschen wird.

Aktuell wirkt Wien jedenfalls wie eine versalzene Stadt. Dabei werden jedes Jahr Tonnen an Salz gestreut, um Rad- und Gehwege sowie Straßen von Schnee freizubekommen – der Verkehrssicherheit wegen. Mit dem Unterschied, dass den Wienerinnen und Wienern dank der trockenen Kälte diesmal vor Augen geführt wird, welche Mengen Salz aufgebracht werden. Es ist teilweise so viel, dass Fußgänger auf dem zurückgebliebenen Salzfilm zu rutschen beginnen.

Salzstreuverbot wird außer Kraft gesetzt

Dabei gilt in Wien eigentlich ein Salzstreuverbot. Eigentlich deshalb, weil dieses Verbot bei entsprechender Witterung jedes Jahr gemäß der Winterdienstverordnung 2003 vom Magistrat außer Kraft gesetzt werden kann. Dann ist das Salzen mit Ausnahmen erlaubt. Laut MA 48 wurden auf den Straßen und Radwegen in diesem Winter seit 1. November bisher 5.500 Tonnen Salz verbraucht. Damit werden das Straßennetz (2.800 Kilometer) sowie 1100 Kilometer Radwege abgedeckt. Von einem Rekordwert ist das weit entfernt: So beträgt die Bandbreite pro Saison zwischen 5.000 und 20.000 Tonnen Salz. Und die Hälfte des Winters ist längst überschritten.

Bei der MA 48 wird auf den Einsatz einer "sparsamen Feuchtsalz-Technologie" verwiesen, wie eine Sprecherin dem STANDARD sagt. Festes Salz wird mit einer Lösung aus Wasser und halogenidhaltigen Mitteln im Verhältnis von 70:30 ausgebracht. Die Sole darf – anders als Steinsalz – auch präventiv gestreut werden und haftet besser auf der Fahrbahn. Für sichere Gehwege sind die angrenzenden Liegenschaftseigentümer verantwortlich.

Salz ist ein Problem für Bäume und Sträucher

Der Winterdienst befindet sich im Spannungsfeld zwischen Verkehrssicherheit und Haftungsfragen für Verkehrsbenützer auf der einen Seite sowie Umweltschutz auf der anderen. Denn das Salz verschwindet nicht, auch wenn es einmal schneit oder regnet. "Streusalz versickert mit dem Schmelzwasser im Boden", heißt es auf der Website der Stadt. "Dringt es in den Boden ein, entzieht es Bäumen und Sträuchern Wasser, was bis zu ihrem Absterben führen kann. Streusalz belastet aber auch das Grundwasser." Darum ist – mit Ausnahmen – das Salzstreuen im Umkreis von zehn Metern um unversiegelte Bodenflächen (Wiesen, Baumscheiben) verboten.

Alexander Mayr-Harting von der Initiative "Zukunft Stadtbaum" weist aber auf einige aktuelle Fälle von salzigen Gehsteigen und Wegen in unmittelbarer Nähe von Grünflächen oder Bäumen hin. "Wir melden mögliche Verstöße bei der Stadt, erhalten aber keine Ergebnisse der Beprobungen", kritisiert er. Aktuelle Fotos von salzig-weißen Wegen direkt beim Naturdenkmal Schönbrunner Allee mit ihren alten Bäumen versucht die MA 48 aufzuklären: "Weil es sich hier um einen kombinierten Geh- und Radweg handelt, ist der Bereich laut Paragraf 5 der Verordnung vom Salzstreuverbot ausgenommen."

Die Hausbetreuung Attensam rechnet damit, dass diesmal für Gehwege mehr ausgestreut werden muss als in anderen Wintern. Bis dato wurden 1.900 Tonnen Salz, 7.500 Tonnen Basalt – "also Streusplitt, der weniger Feinstaub erzeugt" – und 300 Tonnen ökologische Auftaumittel wie Kaliumcarbonat ausgebracht. Attensam betreut im Winterdienst rund 13.000 Liegenschaften in und um Wien.

Wiener Wohnen, das die Wiener Gemeindebauten verwaltet, setzt auf eine Mischung aus Streusplitt (70 Prozent) und Kaliumcarbonat (30 Prozent). Hier wird insgesamt für diesen Winter "mit zwölf bis 13 Tonnen gerechnet". In der vergangenen Saison waren es neun Tonnen.

Salz für Verletzungen an Hundepfoten verantwortlich

Thema ist das Ausbringen von Salz auch bei Besitzern von Vierbeinern, weil Salz auch zu Verletzungen an Hundepfoten führen kann. Die MA 48 empfiehlt, die Pfoten der Vierbeiner einzucremen und nach jedem Spaziergang zu waschen.

Immer weniger Streusplitt

Auf den Wiener Straßen kommt jedenfalls auch aufgrund der Feuchtsalz-Technologie immer weniger Streusplitt zum Einsatz: Nach Auskunft der MA 48 waren es in dieser Wintersaison bis 7. Februar nur 52,4 Tonnen, wie es zum STANDARD hieß. Das ist ein massiver Rückgang im Vergleich zum Winter 1995, wo noch 133.500 Tonnen verstreut wurden. 2002/03 waren es auch noch 28.000 Tonnen. 2016/17 wurden nur noch 78 Tonnen Rollsplitt gestreut. Laut MA 48 ist der weitgehende Verzicht auf Splitt "eine wichtige Maßnahme der Stadt Wien im Kampf gegen Feinstaub". (David Krutzler, 15.2.2021)