Zu jeder Impfung gibt es eine Pizza gratis dazu – aufgenommen im israelischen Bnei Brak.

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Während viele Länder um ausreichend Impfstoff gegen das Coronavirus ringen, kämpft Israel mit einem anderen Problem: Wie lockt man die Impfmuffel hinter dem Ofen hervor? Immerhin ist eine halbe Million der 40- bis 60-Jährigen noch nicht geimpft.

Anreize für Impfung

Studien zeigen, dass die überwiegende Zahl von ihnen die Spritze nicht aus Überzeugung verweigert, sondern aus anderen Gründen: Entweder waren sie schon krank, halten das Thema Virus also für abgehakt. Oder sie misstrauen Staat und Behörden generell. Und manche sind schlicht und einfach zu beschäftigt oder überfordert, um sich einen Termin auszumachen.

Um die bisher Unerreichten zu mobilisieren, geht man nun neue Wege. Da viele Israelis das Wochenende für Ausflüge in die Natur nützen, fahren ihnen jetzt die Impfstationen des Roten Davidstern nach. Vakzin-Container in Nationalparks und am Strand sollen die Scheu vor dem Ärmel-Hochkrempeln senken. In der Ultraorthodoxen-Hochburg Bnei Brak erklärte die Gemeinde den Donnerstagabend zur "grünen Nacht": Um aus der roten Zone eine grüne zu machen, teilte man Gratis-Tscholent aus – ein am Schabbat verzehrter, nahrhafter Eintopf. Zum Dessert gab es eine Pfizer-Injektion. Für ein anderes Publikum, die jüngeren Säkularen, stehen DJ-Events mit "Drop-in-Immunisierung" auf dem Programm.

Aufregung bei Datenschützern

Mit weniger schonenden Methoden will die Regierungsspitze gegen Impfverweigerer vorgehen. Der Plan, die persönlichen Daten aller Ungeimpften an die Behörden weiterzugeben, sorgt für Aufregung unter Datenschützern: Es reiche, dass die Krankenkassen wissen, wer das Vakzin bisher verweigert hat.

In der Regierung kommt aber Nervosität auf. Mit gutem Grund: Bald kommt das jüdische Fest Purim, das im Vorjahr dem ersten Ausbruch einen Schwung verlieh. Zugleich nimmt die Ausbreitung der britischen Variante des Virus weiter ihren Lauf. Erst langsam beginnt man zu verstehen, wie gefährlich diese Mutation wirklich ist.

Mehr schwere Fälle unter Jüngeren

Insgesamt geht die Zahl der schweren Fälle zwar zurück, dafür steigt sie unter den Jüngeren. Von den schweren Fällen ist ein Drittel zwischen 40 und 60 Jahre alt. Das liege nicht nur daran, dass dank der Impfungen die Zahl der älteren Patienten deutlich niedriger ist als zuvor, sondern auch daran, dass die Mutation mehr schwere Fälle produziert, sagt Immunologieprofessor Cyrille Cohen zum STANDARD: "So viele Schwangere mit Komplikationen wegen Covid haben wir in früheren Wellen nie gesehen." Es gebe auch deutlich mehr erkrankte Kinder als zuvor.

Ob die britische Variante für Komplikationen sorge, könne man zwar noch nicht mit Sicherheit sagen, erklärt Cohen. "Aber das macht auch wenig Unterschied, weil sie quantitativ mehr schwere Verläufe bringt – einfach deshalb, weil sie sich so rasant ausbreitet." Eines wisse man mit Sicherheit: "Ohne Impfung hätten wir jetzt eine Katastrophe." (Maria Sterkl aus Jerusalem, 15.2.2021)