In der Nacht auf Dienstag zieht die Platane vom Achten in den Ersten.

Foto: Maria von Usslar

Ein Baum sorgt seit geraumer Zeit in Wien für Aufregung. Nummer 1001 im städtischen Baumkataster, Platanus x acerifolia (Ahornblättrige Platane), Standort Auerspergstraße – so lauten die dort eingetragenen Daten. Die Platane vor dem Café Eiles fand laut Baumkataster im Jahr 1990 am Beginn der Josefstädter Straße ihren Platz. Nun muss der 80-jährige Baum dem U-Bahnbau weichen.

Denn just an genau der Stelle, wo die Platane ihre Wurzeln geschlagen hat, soll künftig ein Aufgang mit drei Aufzügen und Treppen zur neuen U2/U5-Station Rathaus entstehen. Ursprünglich hätte der Baum daher fallen sollen, doch er hatte eine große Lobby. Nicht nur die Bewohner des achten Gemeindebezirks, auch der Verein Kuratorium Wald mobilisierten für den Erhalt des Baumes.

Transport in der Nacht

In der Nacht von Montag auf Dienstag zur Geisterstunde um Punkt null Uhr soll Nummer 1001 darum in einer Großaktion von der Auerspergstraße in den etwa 500 Meter entfernten Park beim Justizpalast übersiedelt werden. Zuständig für den Umzug ist Baumchirurg Manfred Saller. Der Plan: Um Mitternacht wird die Fahrbahn gesperrt, ein Kran solle die Platane auf einen Tieflader in der Mitte der Straße heben und den Baum aufrecht im Schritttempo die Straße entlangführen. "Man kann den Baum nicht hinlegen. Da würden ja alle Äste abbrechen", sagt Saller. Eine gute Nachricht für den Transport: "Wir haben auf der Strecke keine Oberleitungen, die im Weg sein könnten."

Mit den Vorbereitungen ist Sallers Team bereits seit zehn Tagen beschäftigt. Für eine erfolgreiche Umsiedelung musste der Baum zuerst ausgegraben und dann seine Wurzeln freigelegt werden, bevor der Baum in einen "Ballen" – also eine Art Rahmen aus Stahl eingepasst und das unterirdische Geäst in Stroh gepackt wurde. Problemchen gab es während der Vorbereitungen einige: Beim Graben kamen statt Erde alte Mauern zum Vorschein und die Wurzeln seien in die Kanalschächte hineingewachsen. "Es war extrem schwierig für uns", erzählt Saller: "Während des Unterfangens für den Ballen hat der Baum nachgegeben und sich auf die Fahrbahn geneigt. Wir waren alle besonders angespannt."

22 mal 21 Meter

Die letzte Hürde sollte in der Nacht genommen werden. Nur 40 Tonnen durfte der rund 22 Meter hohe Baum mit einem Kronendurchmesser von bis zu 21 Metern haben – schließlich verläuft unter der Auerspergstraße schon jetzt die U-Bahn. Ob sich das ausgeht? "Wir haben das Gewicht auf das Minimum, das für den Baum verträglich ist, reduziert", sagt Saller. Und was, wenn nicht? Dann müssen Luftkissen ran – "ein gewaltiger Aufwand".

Die nunmehrige Umpflanzung habe auch "symbolische Kraft", sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Kuratorium Wald. Es sei eine "Aktion, die zeigen kann, dass man einen Baum auch retten kann". Doch nicht jeder kann erhalten werden, "sonst gäbe es den U-Bahnbau nicht", dessen ist sich auch Heilingbrunner bewusst. In der Universitätsstraße müssen rund 30 – jüngere – Bäume fallen.

Ab der Station Schottentor erhält die U2 neue Röhren, die betroffene Baumreihe neben der Universität steht im unmittelbaren Schachtbereich, heißt es von den Wiener Linien dazu. Insgesamt habe man im Vergleich zum ursprünglichen Planungsprojekt durch eine neuerliche Prüfung in dem Bereich rund ums Rathaus 40 Bäume erhalten können. (Oona Kroisleitner, 15.2.2021)