"Geschlossen" steht an der Tür eines Gastronomiebetriebs in der Wiener Innenstadt – da muss das Schild noch länger hängen. Frühestens Anfang April könne es Öffnungsschritte für die Gastronomie geben, sagte Bundeskanzler Kurz am Montag.

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Die türkis-grüne Regierung verlängert den Lockdown für die Gastronomie, den Tourismus und den Kulturbereich bis "rund um Ostern". Am 1. März wolle man erneut beraten, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach Beratungen mit Experten, Ländern und den Parlamentsparteien.

Ein Überblick zu den Zahlen, die der Entscheidung zugrunde liegen, den Reaktionen aus Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Sport – und darüber, wie die geltenden Regeln eigentlich aussehen:

Frage: Wie sieht das Infektionsgeschehen in Österreich derzeit aus?

Antwort: In Österreich wurden am Dienstag 1.427 Neuinfektionen und 39 Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus registriert. Die Sieben-Tages-Inzidenz stieg auf 113 – und liegt weit entfernt vom erklärten Ziel von 50. Von diesem nimmt die Bundesregierung nun ohnehin Abstand, ein solcher Wert sei unrealistisch, sagte Bundeskanzler Kurz am Montag. Es gelte, die Infektionszahlen stabil zu halten.

Wie sich die Öffnung des Handels, von Zoos, Museen und körpernahen Dienstleistern, die am 8. Februar erfolgte, auf die Zahlen auswirkt, lässt sich noch nicht sagen. Die Regierung ist für die kommenden Wochen optimistisch, dass wärmeres Wetter, kombiniert mit einer steigenden Durchimpfungsrate – bis Ostern sollen eine Million Menschen geimpft sein –, die Lage verbessern wird. Weitere Öffnungen würden die aktuellen Zahlen nicht erlauben. Die Regierung verlängert deswegen den Lockdown für die Gastronomie, den Tourismus und den Kulturbereich.

Frage: Wie lange sind Gastronomie und Hotellerie bereits zu?

Antwort: Gasthäuser und Restaurants hatten zuletzt am 2. November geöffnet, sie sind also seit 15 Wochen geschlossen, ebenso Hotels für Urlauber. Auch Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen wie Theater und Kinos sind seit Anfang November zu.

Frage: Gibt es einen konkreten Termin für die Öffnung?

Antwort: Nein. Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprachen am Montag von "rund um Ostern", also Anfang April. Genauere Angaben soll es frühestens am 1. März geben, dann berät die Regierung wieder mit Experten, der Opposition und den Landeshauptleuten.

Frage: Warum nennt die Regierung kein genaues Datum?

Antwort: Gemunkelt wird, dass sie sich angesichts der unsicheren Lage auf kein Datum festlegen wollte, weil man sich bis dahin wieder in einem härteren Lockdown befinden könnte.

Frage: Wie fallen die Reaktionen von Gastronomie und Hotellerie aus?

Antwort: Die Branche vermisst messbare Indikatoren zur Wiedereröffnung, etwa die Wocheninzidenz oder neue Fallzahlen. Mario Pulker, Gastro-Obmann der Wirtschaftskammer (WKO), ist deswegen verärgert: "Wir können nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag geschlossen bleiben." Die Ankündigungen der Regierung seien "völlig perspektivenlos". Viele Gastronomen seien "psychisch und nervlich am Ende", und auch die wirtschaftliche Lage sei vielerorts ernst. Pulker: "Mit den momentanen Hilfen werden wir nicht durchkommen."

Auch Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, sprach am Montag von der fehlenden Zukunftsperspektive. Die Branche habe viel Zeit und Geld in Sicherheitskonzepte investiert, Reitterer schlägt vor, die Hotelinfrastruktur in das Testkonzept einzubinden und Teststraßen in den Häusern einzurichten: Mitarbeiter und Gäste sollen dabei alle zwei Tage getestet werden.

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer, drängt ungeachtet der Ansagen der Regierung auf Öffnungsschritte noch im März. Eine Woche nach den ersten Lockerungen könne noch keine seriöse Entscheidung über weitere Öffnungsschritte getroffen werden.

Frage: Der Frühling steht vor der Tür – dürfen die Gastronomiebetriebe bei höheren Temperaturen wenigstens ihre Schanigärten öffnen?

Antwort: Diese Idee lehnte Gesundheitsminister Anschober am Montag definitiv ab. In Wien will die Stadt den Gastronomen deswegen die Schanigartengebühr vorerst bis März erlassen. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ließ außerdem mit einer Neuerung aufhorchen: Sobald der Lockdown für Gastronomen beendet sei, könnten Winzer ihre Buschenschanken ab April täglich öffnen. Normalerweise sieht das Wiener Buschenschankgesetz nur eine Öffnung von Freitag bis Sonntag vor. Auch vergangenes Jahr gab es bereits diese Ausnahmeregel, die Buschenschanken durften bis zum Jahresende Gäste jeden Tag verköstigen.

Frage: Wie fallen die Reaktionen im Kulturbereich aus?

Antwort: Während Museen, Archive und Bibliotheken analog zum Einzelhandel seit 8. Februar wieder geöffnet haben, bleibt das Veranstaltungsverbot bestehen. Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos sind weiterhin zu. "Natürlich ist die Verlängerung des Lockdowns im Veranstaltungsbereich keine gute Nachricht für die Kulturbranche in Österreich", sagte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) am Montag. Leider lasse die Gesamtsituation noch keine Öffnung zu. Bei der Pressekonferenz sprach Oswald Wagner, Vizerektor der Med-Uni Wien, von möglichen ersten Öffnungsschritten rund um Ostern "besonders im Kultursektor": "Die Menschen werden wieder ins Kino, ins Theater, in die Oper gehen wollen."

Dennoch ist auch die Kulturbranche nicht glücklich mit der aktuellen Situation. Als "mehr als zermürbend" bezeichnete Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, die Lage. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass nach dem Öffnen des Handels und der körpernahen Dienstleister die Infektionszahlen im Land zumindest nicht fallen werden. Wenn als Konsequenz dessen Theater und Konzertsäle weiterhin dichtbleiben müssen, wäre das ein fatales Signal", kritisiert er. Ähnlich sieht das die Intendantin des Landestheaters Niederösterreich, Marie Rötzer: "Wir sind im Stillstand, in der Warteschleife." Vieles werde derzeit auf dem Rücken von Kultur und Gastronomie ausgetragen. "Dabei haben unsere Präventionskonzepte sehr gut funktioniert", sagte sie der APA.

Frage: Das Veranstaltungsverbot gilt weiterhin – sind davon auch Sportveranstaltungen betroffen?

Antwort: Ja. Die Vertretung des organisierten Sports in Österreich äußerte sich über den verlängerten Lockdown am Montag enttäuscht. "Leider berücksichtigt Gesundheitsminister Anschober den Sport bis jetzt nicht als Gesundheitsfaktor", sagte Sport-Austria-Präsident Hans Niessl. Argumente des Sports "für verantwortungsvolle Öffnungsschritte" würden bei der Umsetzung bisher ignoriert werden. Sport Austria plädiert für Selbsttests auch im Vereinssport. Sie würden einen wichtigen zusätzlichen flächendeckenden Überblick über das Infektionsgeschehen liefern. Die Struktur des organisierten Sports in Österreich mit 15.000 Vereinen nicht zu nutzen wäre ein Fehler des Gesundheitsministeriums.

Frage: Unter welchen Bedingungen darf momentan eigentlich Sport ausgeübt werden?

Antwort: Sport darf im eigenen privaten Wohnbereich, an öffentlichen Orten im Freien oder an Outdoor-Sportstätten betrieben werden. An Outdoor-Sportstätten müssen pro Person 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Indoor-Sportstätten müssen geschlossen bleiben. Alleine, mit Personen aus dem gleichen Haushalt, dem Lebenspartner (auch wenn diese oder dieser nicht im gleichen Haushalt lebt) und den engsten Angehörigen kann jederzeit Sport betrieben werden, hier gelten auch die Abstandsregeln nicht. Anders ist das beim Sport mit maximal vier Personen: Diese dürfen aus zwei verschiedenen Haushalten stammen (dazu kommen dürfen auch minderjährige Kinder oder Minderjährige, denen gegenüber eine Aufsichtspflicht besteht, insgesamt höchstens jedoch sechs Minderjährige), es müssen aber zwei Meter Abstand eingehalten werden, und zeitlich gilt eine Begrenzung von 6 bis 20 Uhr.

Frage: Was darf man derzeit als Privatperson alles tun?

Antwort: Mit dem 8. Februar hat es weitreichende Öffnungsschritte gegeben: Der Handel ist geöffnet, die sogenannten körpernahen Dienstleister – also Friseure, Kosemtikstudios et cetera – ebenfalls. Wer sich einen neuen Haarschnitt wünscht, braucht allerdings einen negativen Corona-Test. Dieser darf maximal 48 Stunden alt sein. Besucht werden können außerdem Museen, Galerien, Bibliotheken, Archive und Zoos – sie haben ebenfalls seit 8. Februar geöffnet. Allerdings müssen FFP2-Masken getragen werden, auch im Freien. Von den jüngsten Lockerungen betroffen sind auch die Gottesdienste – mit Abstand und FFP2-Maske. Außerdem dürfen sich seither wieder Personen aus zwei Haushalten treffen – maximal vier Erwachsene. Die Ausgangsbeschränkung von 20 bis 6 Uhr gilt aber weiterhin.

Frage: Für einige Erledigungen ist ein Test notwendig. Wie sieht es hier mit dem Angebot aus?

Antwort: "Intensives Testen ist der Schlüssel zur bestmöglichen Kontrolle des Infektionsgeschehens", sagte Kanzler Kurz am Montag. Österreich sei unter jenen Ländern, "die in Europa am meisten testen". Diese Woche könnte die Zahl der Corona-Tests auf zwei Millionen steigen. Ein neuer Pfeiler der Teststrategie sind die kostenlosen Schnelltests, die es ab 1. März in Apotheken geben wird. Die Regierung erwartet mit der Heimteststrategie wöchentlich bis zu 3,5 Millionen Corona-Tests, davon 2,2 Millionen an den Schulen. (lhag, APA, 16.2.2020)