Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) lobt die Kooperation mit der grünen UG-Verhandlerin Eva Blimlinger als vorbildlich. Würden alle in der türkis-grünen Regierung so zusammenarbeiten, "wäre es paradiesisch", gab Blimlinger zurück.

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Am Dienstag hat Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) gemeinsam mit der grünen Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger die Änderungen an der Novelle des Universitätsgesetzes (UG) vorgestellt. Wie der STANDARD am Montag berichtet hat, wurden einige strittige Punkte nach herber Kritik im Begutachtungsverfahren abgeschwächt. So wird die neu eingeführte Mindeststudienleistung, die ab dem Wintersemester 2022 in den ersten zwei Studienjahren erbracht werden muss, nur 16 statt 24 ECTS-Punkte betragen. Bei Verfehlen dieser Hürde wird man nur für zwei statt der zunächst avisierten zehn Jahre vom betreffenden Studium gesperrt.

Zweiseitige Unzufriedenheit gutes Zeichen

"Diskurs ist keine Zeitverschwendung, Kompromiss ist nicht Schwäche", sagte Faßmann zu den abgemilderten Verschärfungen. Man habe auf die Bedenken Rücksicht genommen, wonach die ECTS-Hürde insbesondere berufstätige Studierende treffen könnte. Letztlich sei ihm "die Frage, ob es 16, 18 oder 20 Punkte sein müssen", nicht rasend wichtig, es gehe vor allem darum, die Zahl der "No-Shows" am Studienanfang zu reduzieren. Der Universitätenkonferenz (Uniko) ist die neue Hürde zu niedrig, die linken ÖH-Fraktionen sind hingegen kategorisch gegen jegliche ECTS-Pflicht. Grünen-Abgeordnete Blimlinger wertet diese Gemengelage als Erfolg: "Wenn beide Seiten nicht zufrieden sind, dann passt's."

Privilegien später

Neu ist außerdem, dass die erforderliche ECTS-Zahl für Studienprivilegien gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben von 100 auf 120 ECTS-Punkte erhöht wurde, also nur im letzten Studiendrittel greift. (Zur Orientierung: Ein Bachelorstudium umfasst ingesamt 180 ECTS-Punkte.) Ab dieser Schwelle können Studierende mit ihrer Uni vereinbaren, dass sie etwa in begehrte Seminare bevorzugt aufgenommen werden – die genaue Ausgestaltung der "Learning Agreements" liegt bei den Hochschulen.

Faßmann begründete die Erhöhung der Schwelle damit, dass "mit Privilegien sorgsam umzugehen" sei. Es wäre demnach problematisch gewesen, die Vorteile schon zu früh im Studium zu gewähren. Dahinter steht auch die Befürchtung der Unis, dass bei einer Schwelle von 100 zu viele Studierenden eine Bevorzugung beanspruchen könnten, was dann schwer einlösbar wäre.

Höchstens acht Jahre, Zählung verzögert

Geringfügige Änderungen gibt es auch bei der Reform der Kettenvertragsregelung (mehr dazu hier). Auch im aktuellen Ministerratsentwurf ist eine Maximaldauer befristeter Anstellungen von acht Jahren an einer Uni vorgesehen, diese Deckelung soll nun aber auch für Lektorinnen und Lektoren gelten, für die zuvor eine Maximalsumme von sechs Jahren vorgesehen war. Neu ist vor allem, dass die Reform durch eine Verzögerung der Zählweise erst später schlagend wird. Bei den Lehrbeauftragten beginnt die Zählung der acht Jahre erst mit Inkrafttreten der Novelle im Oktober 2021 – befristete Anstellungen der Vergangenheit werden nicht eingerechnet.

Odin Kroeger, Philosophie-Lehrbeauftragter in Wien und Aktivist gegen prekäre akademische Anstellungen, sieht die Verzögerung zweischneidig: "Einerseits wird dadurch Druck herausgenommen, weil die meisten Kolleginnen und Kollegen jetzt erst 2029 vor dem Aus stehen. Andererseits verschlechtert sie ihre Verhandlungsposition, weil die Universitäten jetzt nicht mehr auf einen Schlag viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ersetzen müssen, sondern eben auch acht Jahre Zeit haben, jüngere zu finden, um die älteren zu ersetzen."

Etwas komplizierter ist die Zählweise für Forscher, die über Drittmittelprojekte beschäftigt sind. Hier werden bis zu vier Jahre an befristeten Anstellungen aus der Zeit vor Oktober 2021 von den maximal acht Jahren abgezogen. Die Entscheidung der Unis, ob diese Mitarbeiter fest angestellt werden oder aber ihre Uni verlassen müssen, könnte bei einigen also schon 2025 fallen. Eher zahnlos scheint die neu eingefügte Bestimmung, wonach die Unis in den Leistungsvereinbarungen "Maßnahmen zur Verstetigung von Beschäftigungsverhältnissen" und Karrierewege für den akademischen Nachwuchs angeben sollen. Offenbar hofft man, dass sich die Rektorate dadurch mehr Gedanken über ihre Personalplanung machen.

Kein Ersitzen des Titels

Auswirkungen auf die Novelle hat die Plagiatsaffäre von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher gezeitigt. Auf Anregung des Plagiatsgutachters Stefan Weber wurde die "Sicherstellung guter wissenschaftlicher Praxis und akademischer Integrität" als leitender Grundsatz in den Gesetzen für Unis, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen verankert. Vor allem aber fällt die ursprünglich geplante Verjährung von Plagiaten aus der Novelle – es ist also weiterhin nicht möglich, per Abkupfern erlangte Titel nach dreißig Jahren gleichsam zu ersitzen.

Eine Aberkennung akademischer Grade bleibt mithin immer möglich, egal wie lange das Fehlverhalten zurückliegt. Ein inhaltlicher Zusammenhang mit dem Fall Aschbacher ist indes nicht vorhanden, ihre Diplomarbeit wurde erst vor 15 Jahren eingereicht, und das an einer FH. Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Plagiatsthema dürfte aber den Meinungsumschwung erzeugt haben, wie Faßmann andeutete: "Die Verjährung würden viele nur in die falsche Kehle bekommen." Sachlich spielte wohl auch die kritische Stellungnahme des Verfassungdiensts eine Rolle, der an der juristischen Sinnhaftigkeit der Verjährungsfrist gerüttelt hatte.

Plagiatssoftware nicht verpflichtend

Außerdem wird im UG nun festgeschrieben, dass Plagiate den verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand des unberechtigten Führens eines Titels erfüllen und somit eine Geldstrafe von bis zu 15.000 Euro nach sich ziehen können. Die jüngst kolportierte Bestimmung, wonach den Unis ein verpflichtender und flächendeckender Einsatz von Plagiatssoftware bei Abschlussarbeiten vorgeschrieben wird, kommt jedoch nicht. Zunächst soll eine Studie beauftragt werden, die die Dimensionen des Plagiatsproblems an heimischen Hochschulen erhebt.

Detail am Rande: Das Ministerium will demnächst eine Social-Media-Kampagne über die Uni-Reform starten. Diese soll just unter jenem Hashtag laufen, der bisher praktisch ausschließlich von Gegnern des neuen Gesetzes genutzt wurde: "#UGNovelle". (Theo Anders, 16.2.2020)