Bei einer Pressekonferenz zu "Standort und Arbeitsmarkt" zeigte sich Blümel am Dienstag gutgelaunt.

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Der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann hat in Chatnachrichten immer wieder über den Wahlkampf der ÖVP gesprochen. So beschwerte er sich beim jetzigen Finanzminister Gernot Blümel über die Kandidatenauswahl der Volkspartei. Besonders zwei Quereinsteiger ärgerten Neumann, einen davon bezeichnete der Manager gegenüber Blümel als "echten Opportunisten". "Sorry für die offenen Worte, aber der Oktober ist zu wichtig! LG Harald", beendete Neumann die Nachricht.

Dass "der Oktober" – also wohl ein Wahlerfolg der ÖVP – für Neumann "wichtig" war, zeigen auch andere Chatnachrichten. So beschwerte sich Neumann bei Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner darüber, dass die Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner im Juni 2017 als Vizeparteiobfrau der ÖVP präsentiert wurde. Neumann schrieb Rothensteiner, dass er Glatz-Kremsner "als Mensch und als Managerin" schätze "und ich es auch gut finde, Sebastian zu unterstützen!". Allerdings ärgerte ihn die "höchst offizielle Form als Parteiobmann Stvin (Stellvertreterin, Anm.)". Deshalb regte er an, innerhalb der Casinos Austria AG (Casag) "klare Richtlinien" für das Management zu verfassen. Glatz-Kremsner, die ÖVP-Chef Sebastian Kurz eigentlich zur Finanzministerin machen wollte, entschied sich nach den Koalitionsverhandlungen doch für eine weitere Karriere in den Casinos.

Vorwurf der Bestechung

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verdächtigt Blümel und Neumann der Bestechung, es gilt die Unschuldsvermutung. Ausgangspunkt ist eine Nachricht, die Neumann am 12. Juli 2017 an Blümel schickte. Darin bittet er den Obmann der Wiener ÖVP, einen Termin beim damaligen Außenminister Kurz zu besorgen: wegen "erstens Spende, zweitens eines Problemes das wir in Italien haben". Die Novomatic kämpfte dort gegen eine Steuernachzahlung in Millionenhöhe.

Die WKStA vermutet in der Kombination von Spendenangebot und "Problem"-Besprechung ein Bestechungsangebot, die Beteiligten weisen das strikt von sich – auch dass je eine Spende an die ÖVP oder die ÖVP Wien geflossen sei.

Auch nach dieser Nachricht blieben Blümel und Neumann in regelmäßigem Kontakt – vor allem rund um die Nationalratswahl am 15. Oktober 2017. So findet sich im Terminkalender von Neumann ein Termin mit dem Betreff "Blümel" am 6. Oktober 2017, also neun Tage vor der Nationalratswahl.

"Themen durchgehen"

Am 16. Oktober – also einen Tag nachdem die ÖVP als klarer Sieger aus der Wahl hervorgegangen war – meldete sich Neumann am frühen Vormittag bei Blümel: "Können wir uns irgendwann in der ersten November Hälfte zusammensetze! Möchte ein paar Punkte mit Dir durchgehen! Wenn du willst kann auch jemand vom GenSek (Generalsekretariat, Anm.) dabei sein! Lg Harald". Blümel antwortete: "Termin gerne! Vorschlag kommt!"

Avisiert wird vom Sekretariat der ÖVP Wien dann ein Termin Anfang November. Worum ging es da? Neumanns Anwalt Norbert Wess sagt auf Anfrage des STANDARD, dass sein Mandant "punktuelle und aus dem Zusammenhang herausgelöste E-Mail-Kommunikationen, die im Übrigen auch noch mehr als drei Jahre zurückliegen und überdies aus einem Verschlussakt der WKStA stammen, medial nicht kommentieren wird". Allerdings sei klar festgehalten, dass sich Neumann "nichts vorzuwerfen und keinerlei – schon gar kein strafrechtlich relevantes – Fehlverhalten gesetzt" habe. Das Finanzministerium beantwortete eine kurzfristige Anfrage des STANDARD noch nicht.

Sondersitzung

Im Nationalrat wird Blümels Ermittlungsverfahren am Dienstag ab 14 Uhr Thema sein, der STANDARD tickert live. Die Opposition wird ihm geschlossen das Misstrauen aussprechen; die Grünen allerdings für einen Verbleib im Amt stimmen. Das könne sich aber in den nächsten Wochen ändern, hieß es am Dienstag. Klubobfrau Sigrid Maurer hatte zuvor die Angriffe der ÖVP auf die WKStA scharf kritisiert. Trotz aller Kritik der Volkspartei hat Blümel selbst keine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung eingelegt, sagte das Finanzministerium dem STANDARD. Blümel habe "höchstes Interesse an möglichst rascher Aufklärung dieser falschen Vorwürfe". Deshalb wird er "keine Schritte einleiten, die zu einer Verzögerung führen könnten, und steht den Behörden weiterhin vollumfänglich zur Verfügung". (Fabian Schmid, Renate Graber, 16.2.2021)