Wer in Wien eine günstige Wohnung sucht, fühlt sich wie in einem Hürdenlauf. Bonitätsnachweise, Lohnzettel, manchmal Motivationsschreiben sollten Wohnungssuchende parat haben. Immer mehr Menschen gehen bei den vielen Anforderungen als Verlierer vom Platz. Längst klagen auch Selbstständige aus dem Kunstbereich oder der Gastronomie, dass sie am freifinanzierten Wohnungsmarkt keine Chance mehr haben, weil ihre Jobs unsicher geworden sind.

Wer zuhause bleiben soll, braucht ein Zuhause, in dem es sich aushalten lässt.
Foto: imago/Petra Schneider

Es wäre leicht, nun die Mär von den bösen Vermietern zu erzählen. Dabei sind die Probleme am Wohnungsmarkt größer als einzelne gemeine Vermieter. Und sie betreffen nicht nur Wohnungssuchende, sondern auch Mieterinnen und Mieter, die sich von einer Befristung zur nächsten retten.

Was ist das Problem? Es müsste dringend die Frage beantwortet werden, für wen gebaut werden soll. Im freifinanzierten Segment sind das zunehmend Investoren aus dem In- und Ausland, die Wohnen als lukrative Assetklasse entdeckt haben. Sie sehen in den Häusern, die sie noch im Bau und im Ganzen kaufen, nicht vorrangig Wohnraum, sondern Rendite – und verlangen entsprechend hohe Mieten. Einzelschicksale interessieren solche Vermieter vermutlich weniger. Natürlich gibt es in Österreich das große Segment des geförderten Wohnbaus, das viele auffängt und uns im internationalen Vergleich gut dastehen lässt. Aber dort sind die Wartelisten lang.

Unsicherheit

Nötig wäre auch ein neues Mietrecht. Das aktuelle ist kaum noch zu durchschauen und teils unlogisch. Es definiert zum Beispiel Häuser, die vor 1945 erbaut wurden, als Altbauten, in denen die Mieten gedeckelt sind. Dafür darf in Nachkriegsbauten, die paradoxerweise immer noch als Neubauten gelten, verlangt werden, was der Markt hergibt – obwohl die Wohnqualität oft nicht mit der im Gründerzeithaus vergleichbar ist. Unruhe bringen auch Befristungen, die bei neuen Mietverträgen fast Standard sind. Damit wollen Vermieter sicherstellen, dass sie Mieter notfalls loswerden. Viele nutzen den Ablauf des Vertrages aber dafür, die Miete anzuheben. Für Mieter bedeutet dieses Wohnen auf Zeit Unsicherheit.

Die Regierung sollte das Thema Wohnen endlich angehen – obwohl, nein, gerade weil wir uns inmitten einer Pandemie befinden. Es braucht ein Mietrecht das beiden Seiten – Mietern und Vermietern – Sicherheit gibt. Von kosmetischen Korrekturen abgesehen ist seit dem Ausbruch von Corona nicht viel passiert. Dabei hätte sich die türkis-grüne Regierung ein neues Mietrecht sogar ins Programm geschrieben – auch wenn das an ideologischen Unterschieden zwischen Koalitionspartnern auch bei Vorgängerregierungen schon gescheitert ist.

Doch die Hoffnung auf einen Kompromiss lebt. Wohnen ist jetzt wichtiger denn je. Das Leben vieler Menschen hat sich durch Corona auf ein paar Quadratmeter Wohnfläche reduziert, auf denen sie wohnen, arbeiten und ihre Kinder betreuen. Aber wer zu Hause bleiben soll, braucht ein Zuhause, in dem es sich aushalten lässt. Anders wird es nicht funktionieren. (Franziska Zoidl, 17.2.2021)