Patrick V. (rechts), jüngster der fünf Angeklagten, bereut heute, die rechtsextreme "Europäische Aktion" unterstützt zu haben, nachdem er die FPÖ verlassen hat.

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Wien – Das Gerichtsverfahren um Wiederbetätigung und Vorbereitung zum Hochverrat gegen fünf Männer im Alter von 29 bis 70 Jahren geht rascher zu Ende als ursprünglich geplant. Denn nach dem ersten Verhandlungstag ging am Dienstag die Befragung der Angeklagten Nummer drei bis fünf zu ihrer Rolle in der rechtsextremen "Europäischen Aktion" zügig vonstatten.

Am ausführlichsten beschäftigte sich das Gericht mit Drittangeklagtem Peter H., der sich als Einziger in keinem Anklagepunkt schuldig bekennt. Die anderen vier gestehen die Wiederbetätigung ein, streiten aber den geplanten Hochverrat ab.

Der 66-jährige H. ist ohne Zweifel der Gebildetste der Angeklagten. Er verwendet Begriffe wie "Quantité négligeable" und "Inkonsistenzen", referiert über seine Übersetzungstätigkeit ins Japanische und den antiken Mithras-Kult. Mit der "Europäischen Aktion", deren verstorbener "Landesleiter Österreich" einen Anschluss Österreichs an ein wieder zu errichtendes "Großdeutsches Reich" propagierte und das auch mit Gewalt durchsetzen wollte, will H. aber nichts zu tun gehabt haben.

"Landesleiter" mit "Janusgesicht"

Ja, er habe den "Doktor Berger" gekannt und ihm bei Computerproblemen geholfen. Berger habe sich aber "rasch als Janusgesicht entpuppt" – zunächst im persönlichen Umgang freundlich, habe er danach "Rumpelstilzchenausbrüche", wie der Drittangeklagte es abtut, gehabt. So schrieb Berger in einer Mail an H. am 30. August 2016 vom gewaltsamen Umsturz durch "Staatsstreich", "Militärputsch" und "Untergrundarmee". Er habe geantwortet: "Bitte schick mir nicht solche Sachen", beteuert der Drittangeklagte.

Der seine IT-Kenntnisse in der rechten Szene durchaus verbreitet einsetzte, wie er auf Nachfrage des Vorsitzenden bestätigt. Sei es die als rechtsextrem eingestufte "AFP", der wegen Holocaust-Leugnung verurteilte Gerd Honsik oder der hochrangige NPD-Funktionär Roland Wuttke – H. kümmerte sich um Computerangelegenheiten und anderes. Aber, wie er betont, stets nur unter dem Vorbehalt der Legalität.

"Archiv von politischen Schriften"

Ganz kann der Vorsitzende nicht folgen: "Wenn ich solchen Wert darauf lege, nichts Illegales zu machen, warum umgebe ich mich mit solchen Leuten?", wundert er sich. "Noch dazu, wo bei der Hausdurchsuchung bei Ihnen 45 Werke sichergestellt wurden, die auf dem Index sind?" Der Angeklagte, der von seinem Verteidiger als "Eremit" bezeichnet wurde, bleibt gelassen. Er korrespondiere mit vielen Menschen, habe auch über das Bildungsinstitut der FPÖ Kontakte – nicht alle seien Rechtsextreme. Er habe auch ein "Archiv von politischen Schriften geführt", sagt er.

Warum er eine Solidaritätskundgebung für einen mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilten ehemaligen FPÖ-Bezirksrat fotografiert habe? Er sei darum von einem der Teilnehmer gebeten worden. Den Fall des Ex-Politikers kannte er aus Gesprächen in seinen Kreisen: "Wir haben uns Gedanken gemacht über die Höhe der Haftstrafe." Denn: "Sich für politische Gefangene einsetzen macht Amnesty auch." Auf die Frage der Staatsanwältin, als was er den früheren Blauen denn bezeichnen würde, antwortet H. vorsichtig mit: "Nach der offiziellen Nomenklatur ein Holocaust-Leugner."

Schriftführer in FPÖ-Ortsgruppe

Der Viertangeklagte Patrick V., mit 29 Jahren der jüngste Angeklagte, war Schriftführer einer FPÖ-Ortsgruppe in seinem Heimatbundesland. Offenbar war ihm, der von sich selbst sagt, er habe damals NS-Gedankengut vertreten, die Partei zu links oder liberal, er trat nämlich aus und knüpfte Kontakt mit der "Europäischen Aktion". Die beförderte ihn 2011/12 gleich zum "Stützpunktleiter" des Bundeslandes.

Seine Aufgabe wäre die Werbung neuer Mitglieder gewesen. "Wie?", fragt der Vorsitzende. Wie schon zuvor kommt auf die Frage lange keine Antwort, als sich Verteidiger Andreas Schweitzer einschaltet. Er weist das Gericht darauf hin, dass sein Mandant an einer Form von Autismus leidet und er lange brauche, um eine Replik zu formulieren. Möglicherweise ein Mitgrund, warum seine Bemühungen um Mitstreiter recht erfolglos blieben. Nachdem der Ton von "Doktor Berger" in den Mails immer radikaler und gewalttätiger wurde, distanzierte er sich Anfang 2014 von der Bewegung. Heute schäme er sich dafür, beteuert er geknickt.

Erst Sozialdemokrat, dann "Stützpunktleiter"

Fünftangeklagter Norbert C. werde lediglich eine zusammenfassende Darstellung verlesen und auf keine Fragen antworten, kündigt dessen Verteidiger Rudolf Mayer an. Der 60-jährige C. setzt diesen Plan um und bringt zumindest politisch eine neue Farbe ins Spiel: "Ich war vorher nie ein Nazi, ich war ein Sozialdemokrat", beginnt er. Die Ziele der "Europäischen Aktion" habe er am Anfang nicht erkannt.

Als es ihm dämmerte, scheint es schon zu spät gewesen zu sein: "Ich war stolz, dass Doktor Berger mich wichtig genommen und mir geschmeichelt hat", erklärt der Selbstständige. Er organisierte von 2014 bis 2016 diverse Treffen und wurde zum "Stützpunktleiter Weinviertel" ernannt. "Ich bereue die Unterstützungshandlungen sehr und möchte jetzt nicht mehr sagen", beendet C. seine Stellungnahme.

Da der Vorsitzende und seine beiden Beisitzerinnen keine Notwendigkeit für Zeugeneinvernahmen sehen, folgen kommenden Montag bereits die Schlussplädoyers und das Urteil. (Michael Möseneder, 16.2.2021)