Übergangspremier Abdalla Hamdok besiegelte die Friedensschlüsse mit den Rebellen mit einer Regierungsumbildung.

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Hoffnung auf der einen Seite, Rückschläge auf der anderen: Der Sudan hat nun eine Regierung, welche die im Herbst abgeschlossenen Friedensabkommen Khartums mit Rebellengruppen reflektiert. Gleichzeitig kam es zu Protesten und Unruhen in mehreren Regionen, in denen der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Die Demonstrationen in mindestens zehn Städten – vor allem in Darfur und Kordofan, aber auch in Port Sudan am Roten Meer – richten sich gegen die hohen Lebensmittelpreise und mündeten teilweise in Plünderungen von Märkten und Geschäften. Es gab hunderte Festnahmen. Obwohl es handfeste Anlässe für diese "Brotproteste" gibt, verdächtigt die Regierung in Khartum hinter den Ausbrüchen Machenschaften von alten Parteigängern des im April 2019 gestürzten Machthabers Omar al-Bashir.

Die Behörden hatten zuletzt die gerichtliche Verfolgung mehrerer Personen des alten Regimes beziehungsweise der aufgelösten NCP (National Congress Party) angeordnet. Omar al-Bashirs Vizepräsident Hassabo Mohamed Abdulrahman, der nach der Revolution nur kurzzeitig festgenommen worden war, wurde erneut verhaftet.

Brotpreise explodieren

Die NCP wird nun verdächtigt, die Unruhen anzuzetteln – was bei den sozialen Problemen im Land nicht schwer sein dürfte: Laut "Guardian" lag die Inflationsrate im Sudan im Dezember bei 269 Prozent; die Organisation Fewsnet (Famine Early Warning Systems Network) warnt vor wachsender Lebensmittelunsicherheit in mehreren Teilen des Landes. Brot zu staatlich gestützten Preisen ist rar geworden, jenes zu freien Preisen ist für viele unerschwinglich. Schon ist von einer "Hungerrevolution" die Rede.

Im Zuge der vom Internationalen Währungsfonds (IMF) verordneten Reformen hat die Regierung, um an Kredite zu kommen, im Oktober die Benzinpreisstützungen abgeschafft. Das bedeutet eine weitere Katastrophe für viele Sudanesen und Sudanesinnen, die sich die Fahrt zu ihren Arbeitsplätzen nicht mehr leisten können. Die Protestwelle, die 2019 Omar al-Bashir nach dreißig Jahren von der Macht vertrieb, war ebenfalls von plötzlichen Preisanstiegen hervorgerufen worden.

Auf der politischen Seite besiegelte Übergangspremier Abdalla Hamdok die Friedensschlüsse mit Rebellen, die im Oktober in der südsudanesischen Hauptstadt Juba unterschrieben wurden, mit einer Regierungsumbildung. Neben sechs im Amt verbleibenden Ministern, darunter jene für Justiz und Verteidigung, gibt es zwanzig neue Minister. Darunter ist etwa der Chef der ehemaligen darfurischen Rebellenorganisation JEM (Justice and Equality Movement), Gibril Ibrahim, als Finanzminister. Die JEM bekommt noch einen zweiten Ressortchef, aber auch weitere Rebellengruppen kommen zum Zug.

Starke Außenministerin

Die Ummah-Partei, die viele noch immer für die stärkste sudanesische Partei halten, sitzt ebenfalls in der Regierung. Ihr charismatischer Führer, Al-Sadiq al-Mahdi, starb im November 84-jährig an Covid-19, seine Tochter Mariam al-Sadiq al-Mahdi (55), unter ihrem Vater Vizechefin der Ummah-Partei, wird sudanesische Außenministerin.

Al-Sadiq al-Mahdi, der für den toleranten sufistischen Islam stand, der im Sudan eine große Tradition hat, war demokratisch gewählter Premierminister, bevor Omar al-Bashir im Jahr 1989 durch einen Militärputsch an die Macht kam. Er war der Urenkel von Mohammed Ahmed, als "der Mahdi" (der Gottgeleitete) bezeichnet, der 1881 den nach ihm benannten Mahdi-Aufstand gegen die Briten im Sudan begann.

Die neue Regierung, der ein von Militärs dominierter "Souveräner Rat" als Präsidentschaft gegenübersteht, hat die Aufgabe, das Land in Neuwahlen zu führen. Die Übergangslösung sah auch die Einrichtung eines Parlaments vor, das noch nicht verwirklicht ist. Die größte Herausforderung bleibt die finanzielle Situation, wobei die US-Regierung von Donald Trump starke Finanzspritzen zusagte. Dafür – und für die Streichung von der US-Terrorliste – normalisierte Khartum die Beziehungen mit Israel. (Gudrun Harrer, 17.2.2021)