Nach dem Schullockdown wird nun wieder in den Klassenzimmern unterrichtet. Die Krise zeigt aber auf: In Sachen Digitalisierung herrscht in den Schulen Aufholbedarf.

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Seit Anfang der Woche sind die Schülerinnen und Schüler in ganz Österreich zwar wieder zurück im Präsenzunterricht, allerdings herrscht dort weiterhin alles andere als Normalbetrieb. Selbsttests werden durchgeführt, in vielen Bereichen gilt eine Maskenpflicht, die Klassen wurden zum Teil halbiert. Wie funktioniert das Testen? Wie sehr leidet der Unterricht? Welche weiteren Unterstützungsmaßnahmen seitens der Politik braucht es? Darüber diskutierten am Montagabend Expertinnen und Experten auf Einladung des STANDARD auf der Social App Clubhouse.

Zu Gast war Michael Wagner, Mikrobiologe an der Universität Wien. Darauf angesprochen, dass er aus virologischer Sicht vor den Schulöffnungen gewarnt habe, betonte er, nicht per se dagegen zu sein, die Begleitmaßnahmen müssten aber mit Bedacht gewählt sein. Dass durch die Nasenbohrer-Antigentests, die derzeit an den Schulen in Verwendung sind, nur sehr wenige Corona-Infektionen festgestellt wurden, kann seiner Meinung nach zwei Gründe haben: entweder weil die Kinder zuvor zu Hause dem Infektionsgeschehen weniger ausgesetzt waren – oder weil die Tests weniger Fälle aufdecken.

Gurgelstudie wird fortgesetzt

Er kündigte an, dass die PCR-basierte Gurgel-Monitoringstudie an 250 österreichischen Schulen Anfang März fortgesetzt wird. Dann werde sich zeigen, wie sensitiv die Antigentests bei asymptomatischen Schülern sind. Die positiven Proben werden zusätzlich sequenziert und auf bekannte und neue Virusvarianten untersucht. Da die Kinder noch länger nicht geimpft werden können, werde eine Teststrategie in Schulen auch im nächsten Schuljahr vonnöten sein. Wagner glaubt, dass in Zukunft auch andere Methoden, etwa Gurgeltests abseits von Studienzwecken, eingesetzt werden könnten.

Informationen für alle

Verena Hohengasser, Lehrerin an einer Neuen Mittelschule in Wien-Simmering, wies darauf hin, nicht von einem "verlorenen Schuljahr" sprechen zu wollen. Es liege an den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulstoff den Bedingungen anzupassen. Man müsse eine Auswahl treffen, was wichtig ist und was weniger. Sie appellierte an die Runde, die Informationen über Corona auch in einfacher Sprache zu vermitteln. Wenn man sich im Kreise der Experten austausche, sei das zu begrüßen, ihr geht aber der Versuch ab, wirklich alle zu erreichen, die tagtäglich mit der Pandemie konfrontiert sind.

Barbara Blaha, Leiterin des Momentum-Instituts, erinnerte daran, wie sehr auch Eltern, vor allem Niedrigverdiener, unter Druck sind.

Zu wenige Laptops

Nachdem mehrere Zuhörer in ihren Beiträgen Tempo bei der Digitalisierung in Schulen forderten, kündigte Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) an, hier einen Schwerpunkt setzen zu wollen. Er verwies auf Lerncafés, wo Schüler die Infrastruktur nutzen können. Darauf angesprochen, dass immer noch nicht alle Schüler mit Laptops versorgt seien, versprach er Nachschub im Wintersemester.

Für Diskussionsteilnehmer Muzzafa kommt diese Ankündigung zu spät. Der Schüler erzählte, dass er die Schule wechseln musste, weil er keinen Laptop zur Verfügung hatte. Statt eine Handelsakademie besucht er nun ein Gymnasium. (Rosa Winkler-Hermaden, 16.2.2021)