Die Zahl der Neuinfektionen stagniert in Österreich seit Wochen auf hohem Niveau. Laut EU-Seuchenkontrollbehörde stammen nun 84 Prozent der nachgewiesenen Infektionen mit der Südafrika-Mutation in der EU aus Österreich. Weltweit spielen wir mit 21 Prozent mit. Trotzdem sperrten Handel und Schulen wieder auf und Skilifte nie zu.

Es ist Zeit für einen deutlichen Kurswechsel. Je länger das Virus sich weiter verbreiten kann, desto mehr Mutationen wird es geben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese irgendwann auch für Kinder lebensgefährlich werden.

Die Gastronomie hat seit bald einem Jahr de facto ein solidarisches Berufsverbot.
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Man muss weder in einer Diktatur wie China noch in einem Inselstaat wie Neuseeland leben, um mit der Idee eines harten, strengen Lockdowns, ähnlich dem Modell, das Verfechter der Zero-Covid-Strategie propagieren, zu liebäugeln. Es wäre eine Chance, aus diesem Auf-zu-Spiel auszusteigen, das alle zermürbt und mittelfristig weder Menschenleben noch die Wirtschaft rettet. Man müsste wenige Wochen alles außer die wirklich systemerhaltenden Strukturen herunterfahren.

Die Regierung fürchtet den harten Lockdown, weil er sehr unpopulär wäre. Aber die Regierung ist auch jetzt mit massiver Kritik konfrontiert und muss das aushalten. Sie müsste wohl auch einen Solidarbeitrag von den ganz großen Konzernen verlangen, nachdem Gastronomie und Kultur bald ein Jahr de facto ein solidarisches Berufsverbot haben.

Ob die Bevölkerung überhaupt mitgehen würde? Alle nie. Aber sehr viele, wenn man ihnen klar kommuniziert, dass man nicht bis zum Sommer im Halblockdown weiterwurschtelt. Problematisch bliebe freilich ein Alleingang Österreichs. Denn wenn das Virus über Staatsgrenzen hinweg wieder einreist, war die Übung umsonst. Man bräuchte Verbündete mit derselben Strategie in der EU. Dann könnte man mittelfristig auch die Grenzen offen lassen – irgendwann selbst die zu Tirol. (Colette M. Schmidt, 16.2.2021)