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Fläschchen mit den drei in der EU zugelassenen Impfstoffen von Moderna, von Biontech/Pfizer sowie von Astra Zeneca / Uni Oxford. Nun wird getestet, ob Kombinationen des Impfstoffs AZD1222 mit anderen Vakzinen die Wirksamkeit erhöhen könnten.

REUTERS / CLODAGH KILCOYNE

Wir befinden uns fraglos in einer der – wieder einmal – entscheidenden Phasen der Pandemie, die aktuell vor allem von zwei gegenläufigen Entwicklungen geprägt ist: Auf der einen Seite sind immer mehr Impfstoffe (global sind es bereits neun) im Einsatz, um die Pandemie zu bekämpfen. Auf der anderen Seite steht das Problem, dass sich Virusvarianten wie B.1.351 weiter ausbreiten, die unter Verdacht stehen, den Schutz einiger zugelassener Impfungen (siehe Text unten) zu reduzieren.

Konkret betroffen ist davon der Impfstoff AZD1222, der von Astra Zeneca gemeinsam mit der Uni Oxford entwickelt wurde und der noch dazu im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen als etwas weniger wirksam gilt. Dazu kommt das Problem, dass auch in den reichen Ländern nach wie vor Impfstoffknappheit herrscht, die sich wohl erst im Sommer – zumindest in unseren Breiten – entspannen wird.

In dieser Situation kommt es zum einen darauf an, den vorhandenen Impfstoff möglichst gut zu nützen, und zum anderen, sich auch neue Impfstoffstrategien zu überlegen, die auf etwas unkonventionellem Weg mehr Schutz herstellen.

Zwei mögliche Sparmaßnahmen

Unter den möglichen "Sparmaßnahmen" werden unter Experten vor allem zwei diskutiert beziehungsweise auch schon praktiziert: Einerseits sollen jene Personen, die bereits eine Covid-19-Infektion hinter sich hatten, später geimpft werden und dann nur mehr eine Dosis enthalten. Tatsächlich zeigt eine neue, noch nicht fachbegutachtete Studie, das diese Strategie sinnvoll sein könnte. Zudem fand eine neue Untersuchung unter Beteiligung von Grazer Forschern und der Ages heraus, dass eine Infektion in etwa so gut gegen eine Reinfektion schützt wie zwei mRNA-Impfdosen: nämlich zu rund 91 Prozent.

Andererseits wird – nach dem Vorbild Großbritannien – überlegt, die zweite Impfung nach hinten zu verschieben, was bei AZD1222 ganz grundsätzlich von Vorteil sein könnte. Denn Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine Verlängerung des Zeitraums zwischen erster und zweiter Impfung die Wirksamkeit des Impfschutzes erhöhen könnten. Bei den mRNA-Impfungen warnen Experten aber davor, diesen Zeitraum auf über sechs Wochen auszudehnen.

Kombination mit Sputnik V

Wie bereits vor längerem angekündigt, testet Astra Zeneca im Rahmen der Com-Cov-Initiative in einer neuen Studie nun aber auch eine Kombination mit dem russischen Impfstoff Sputnik V, der so wie AZD1222 ein Vektorimpfstoff ist. Die ganz konkrete Vermutung dahinter: Zwei verschiedene Vektoren für die erste und die zweite Impfung könnten die Immunantwort erhöhen. Das ist nämlich bei Sputnik V der Fall (das menschliche Adenovirus Ad26 gefolgt von Ad5), während Astra Zeneca für beide Impfungen das gleiche Schimpansen-Adenovirus (ChAd) als "Impfstofffähre" verwendet. Zudem werden aktuell auch Probanden für eine Studie gesucht, die eine Kombination von AZD1222 mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht erhalten.

Behörden wie die U.S. Centers for Disease Control and Prevention warnen indes davor, bereits in der Praxis mit solchen Kombinationen zu impfen – auch wenn genau das bei anderen Erkrankungen wie Influenza, Ebola oder HIV bereits seit Jahren praktiziert wird. Im aktuellen Fall von Covid-19 sollte das, wenn überhaupt, nur in Notfällen absoluter Impfstoffknappheit geschehen, fordert freilich auch die britische Behörde Public Health England.

Tirol als mögliches Testlabor

Diese Diskussionen haben nun auch Österreich erreicht. Der Virologe und Impfstoffforscher Florian Krammer sprach sich am Wochenende auf Twitter für Studien mit Kombinationen verschiedener Corona-Impfstoffen ganz konkret in Tirol aus. Der Vorschlag des in New York forschenden Steirers: Wegen der südafrikanischen Virusvariante B.1.351 könnte man zuerst eine erste Dosis AZD1222 verabreichen und dann mit einem mRNA-Impfstoff "draufimpfen", um so eine Immunisierung auch gegen diese Variante herzustellen.

Der Hintergrund von Krammers Überlegung liegt auf der Hand: Aktuell gebe es viel Widerstand gegen AZD1222, und alle wollen die mRNA-Impfstoffe, von denen im Moment aber nicht genug verfügbar seien. Dem Forscher schwebt dabei freilich keine große Phase-3-Studie vor, sondern eine kleine "Open Label"-Untersuchung, in der man sich Immunogenität und Sicherheit von etwa 200 Freiwilligen anschaut und deren Daten man dann mit den anderen Daten der "normal" verabreichten Vakzine vergleicht.

Zurückhaltung bei Kollegen

Eher zurückhaltend und nicht ganz so experimentierfreudig äußerten sich indes zwei Experten des Nationalen Impfgremiums zur Frage der Impfstoffkombinationen. Herwig Kollaritsch (Med-Uni Wien) betont, dass einfach noch keine einschlägigen Studienergebnisse vorlägen. Sein Ratschlag: "Wir sollten jetzt erstmal mit einem Impfstoff grundimmunisieren und dann schauen, ob es notwendig sein wird, mit einem anderen aufzufrischen."

Und seine Kollegin Ursula Wiedermann-Schmidt plädiert dafür, "nicht den einen Impfstoff gegen den anderen abzuwägen". Denn: "Wir müssen einfach so schnell wie möglich impfen und nebenbei die Mutanten in Schach halten." (Julia Palmai, Klaus Taschwer, 17.2.2021)