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Foto: AP/Kathy Willens

Amazons Übernahme des Start-ups "Ring", eines Herstellers für vernetzte Überwachungskameras, brachte schon 2018 Datenschutzbedenken auf. Doch laut eines Berichts des "Intercept" ist die Problematik noch viel größer als gedacht. Offenbar bat nämlich das Los Angeles Police Department (LAPD) Besitzer der Überwachungssysteme, Videoaufnahmen von Black-Lives-Matter-Demonstranten an die Behörden zu übermitteln. Dadurch könnten gerichtliche Überprüfungen umgangen worden sein.

Die Aufnahmen sollen vergangenen Juli von einem Polizeibeamten angefordert worden sein, der Teil einer Taskforce war, die "im Verlauf der Demonstrationen begangene Verbrechen" untersuchen sollte. In Zusammenarbeit mit dem Amazon-Tochterunternehmen wurden offenbar Anfragen an zahlreiche Kunden verschickt. Möglich soll dies eine Schnittstelle gemacht haben, die die massenhafte Versendung an bestimmte Nachbarschaften erlaubt.

Bitte um Hilfe

"Die LAPD 'Safe L.A. Task Force' braucht Ihre Hilfe", lautete die versendete Nachricht des zuständigen Polizeibeamten. "Während der Proteste, die kürzlich stattgefunden haben, wurden Menschen verletzt, Eigentum wurde geplündert, beschädigt und zerstört. Um die Verantwortlichen zu identifizieren, bitten wir Sie darum, Kopien von Videos einzureichen."

Erst letzten Oktober berichtete jedoch die "Los Angeles Times" unter Berufung auf Daten des LAPD, dass der Großteil der Black-Lives-Matter-Proteste friedlich abgelaufen sei. Nur sechs bis sieben Prozent der Demonstrationen sollen in Gewalt ausgeartet sein – eine Zahl, in der auch Gewaltausübung durch die Polizei selbst inkludiert ist.

Erste Beweise

Entsprechende Anfragen soll es schon öfter gegeben haben. Laut der NGO "Electronic Frontier Foundation" (EFF) handelt es sich bei den veröffentlichten Nachrichten allerdings um die ersten Beweise für die polizeiliche Nutzung des "Ring"-Kameranetzwerks.

"Demonstranten haben ein vom ersten Zusatzartikel geschütztes Recht zu protestieren. Aber unser Land hat eine lange Geschichte von Aktivisten, die wegen ihrer politischen Beteiligung Vergeltung und Repressalien ausgesetzt sind", erklärt Matthew Guariglia, ein Historiker und Analyst des EFF. Besonders problematisch sei dies jedoch, wenn Menschen gegen dieselbe Institution protestieren, die gleichzeitig auch die Überwachung durchführt – nämlich die Polizei.

Auf der Suche nach Verdächtigen

Im Rahmen einer Stellungnahme sagte man seitens des "Ring"-Start-ups, der Konzern verbiete die Herausgabe von Videoaufnahmen grundsätzlich, wenn es sich um rechtmäßige Aktivitäten wie Demonstrationen handle. Im Falle der veröffentlichten Anfrage habe es sich hingegen um die Identifizierung von Personen gehandelt, die Verbrechen begangen haben.

Das Problem dabei: Selbst wenn tatsächlich auf den Videoaufnahmen die Begehung einer Straftat zu sehen sein sollte, werden doch zugleich zahlreiche Menschen abgebildet, die ihr Recht auf Demonstrationen ausübten. Mittels direkter Anfragen sei es der US-Polizei zudem möglich, gerichtliche Überprüfungen zu umgehen. Denn wenn man entsprechende Aufnahmen erst mal freiwillig an die Behörden übergeben habe, dürften sie diese behalten und an weitere Behörden weiterleiten, so der "Intercept". (red, 17.2.2021)