Der "Garten der Generationen" in Herzogenburg soll nächstes Jahr fertiggestellt werden.

Visualisierung: Garten der Generationen

In das Projekt "GeWoZu" in Waidhofen/Ybbs ziehen schon diesen Sommer die Bewohnerinnen und Bewohner ein.

Visualisierung: Verein GeWoZu (Gemeinschaftlich Wohnen - die Zukunft)

Noch ist die dominierende Farbe auf dem Bauplatz schlammbraun, doch schon bald soll hier alles ganz bunt werden. Im Garten der Generationen, einem gemeinschaftlichen Bauprojekt in Herzogenburg, haben die Bauarbeiten begonnen. Heute werden Rohre für einen Erdwärmekollektor verlegt, der später die Gebäude heizen soll. Auch ein paar zukünftige Bewohner helfen tatkräftig mit. An anderer Stelle sind Bauarbeiter und ein Bagger am Werk.

Die Idee für das Projekt gibt es seit 13 Jahren, nun geht es an die Umsetzung. Geplant sind neben Wohnungen auch eine Pflegewohngemeinschaft für betreuungsbedürftige Menschen, Gemeinschaftseinrichtungen, gemeinsames Gärtnern, ein Co-Working-Space sowie eine Tages-Community, an der auch Menschen teilhaben können, die nicht vor Ort wohnen. Zudem wird es eine Gemeinschaftsküche geben, Veranstaltungs- und Seminarräume, ein Café, Werkstätten, Sport- und Spielplätze, Carsharing, Kinderbetreuung sowie eine Einkaufsgemeinschaft.

"Wir wollen kein reines Wohnprojekt sein", sagt Roland Wytek, der bei dem Projekt für den Wohnbereich sowie den "Lebens- und Lernort der Kinder" zuständig ist. Geplant wurde das Projekt, das aus mehreren Gebäudeteilen bestehen wird, von den Architekten Gernot Mittersteiner und Hajo Neis.

Synergien nutzen

Zwar gibt es keine Verpflichtung zur Teilhabe, man wolle aber Menschen finden, die Synergien auch nutzen wollen, sagt der Jurist und Initiator des Projekts, Markus Distelberger: "So könnten auch Eltern und Kinder oder Ältere, die in der Umgebung in Einfamilienhäusern leben, hier einen Ort der Gemeinschaft finden und beispielsweise Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder Hilfe im Alltag bekommen." Das Projekt, so Distelberger, gehe damit über die Funktion einer normalen Baugruppe hinaus.

Organisiert ist die Gemeinschaft als Verein. Im Mai 2022 will man die ersten Wohnungen beziehen, insgesamt 19 sind es im ersten Bauabschnitt – vier davon für betreutes Wohnen. Und es werden noch Interessenten gesucht: Ein paar Einheiten sind noch nicht vergeben.

Wertgesicherte Anleihen

Besonders an dem Projekt ist aber auch seine Finanzierung. Sie findet mithilfe eines sogenannten Vermögenspools statt.

Dabei können Anlegerinnen und Anleger aller Größenordnungen wertgesicherte Anleihen erwerben, wie Distelberger erklärt. Der Vermögenspool ist ein solidarischer Vermögenskreislauf: Wer sein Erspartes gerade nicht braucht, investiert in ein sinnvolles Projekt, andere können es in der Zwischenzeit nutzen. "Es ist ein zinsfreies, aber wertsicherndes Finanzierungskonzept", sagt Distelberger. Konkret funktioniert das so: Wie Menschen ihr Geld auf ein Sparbuch legen, können sie es auch in einen Vermögenspool investieren. Es gibt grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit für den Einzelnen, das Geld mit drei Monaten Kündigungsfrist wieder zu beheben. Länger dauert es nur, wenn viele Rückzahlungen auf einmal anfallen.

Um eine rasche Rückzahlung gewährleisten zu können, wird nicht der gesamte Betrag investiert, sondern eine Liquiditätsreserve von zehn Prozent gehalten. Auch hat der Betreiber des Vermögenspools selbst keinen Zugriff auf das Geld, sondern es gibt eine Treuhänderin oder einen Treuhänder, die oder der das Geld für die Anlegerinnen und Anleger betreut und dafür sorgt, "dass der Geldfluss funktioniert", erklärt Distelberger. Diese Person steht zur Absicherung auch im Namen aller Anlegerinnen und Anleger mit einer Hypothek im Grundbuch.

Kapital einbringen

Auch wer keine Wohnung im Projekt beziehen will, kann sich am Vermögenspool beteiligen; und nicht alle, die einziehen wollen, müssen Geld investieren – zumindest theoretisch: "Es ist zwar rechtlich nicht bindend, allerdings haben wir schon den Wunsch, dass alle, die hier wohnen möchten, mitarbeiten und die Verantwortung dafür übernehmen, dass eine bestimmte Menge an Kapital in den Vermögenspool eingebracht wird – ob man es nun selbst einzahlt oder Investoren dafür sucht", so Distelberger.

Für die Wohnungen selbst wird monatlich Miete gezahlt. Das kostet etwa bei einem Erwachsenen und einem Kind für eine 80 Quadratmeter große Wohnung 500 Euro, hinzu kommt eine einmalige Zahlung von 2200 Euro als Beitrag für die Gemeinschaftseinrichtungen und als Kaution. Um Mitglied im Verein zu werden, wird zudem monatlich ein Prozent des Monatseinkommens fällig sowie ganz zu Beginn einmalig ein Familienmonatseinkommen als Beitrag zu den bisher geleisteten Aufbauarbeiten des Vereins.

Neue Vorstellungen

Das Prinzip des Vermögenspools rüttle an den Vorstellungen, die die meisten Menschen von Eigentum haben, sagt Distelberger. "Viele wollen abbezahltes Eigentum haben und müssen jahrelang Kredite tilgen. Wer hingegen in einem Haus lebt, das mittels Vermögenspool finanziert wird, dem ‚gehört‘ es letztlich nie oder nur teilweise, da ständig auch das Geld der Anlegerinnen und Anleger investiert ist. Getilgt wird nur in dem Ausmaß, wie das Haus durch die Abnutzung an Wert verliert. So sind auch sehr günstige Mieten möglich", sagt Projektinitiator Distelberger.

2,5 Millionen Euro wurden in dem Projekt bereits mithilfe des Vermögenspools investiert. So konnte etwa das Grundstück gekauft werden, und "wir hatten die Möglichkeit, lange an unseren Ideen zu arbeiten. Bei einer Finanzierung durch einen Kredit hätten wird das Projekt viel schneller realisieren müssen, um Kreditraten zurückzuzahlen", sagt Wytek.

Bis der Vermögenspool größer wird und um die Umsetzung des Projekts sicherzustellen, wurde auf die Zwischenfinanzierung einer Bank in der Höhe von fünf Millionen Euro zurückgegriffen, die jederzeit zurückgezahlt werden kann, so Projektinitiator Distelberger: "So haben wir auch Spielraum, falls der Vermögenspool nicht entsprechend stark weiterwächst."

Ein Drittel der Baukosten

Auch anderswo funktioniert das Konzept, etwa in Waidhofen an der Ybbs. Dort entsteht aktuell das Projekt GeWoZu (Gemeinschaftlich Wohnen – die Zukunft) des gleichnamigen Vereins. Die Fertigstellung der zwölf Wohnungen ist für diesen Sommer geplant. Auch hier wurden finanzielle Mittel mit einem Vermögenspool lukriert – rund ein Drittel der Baukosten konnte dadurch abgedeckt werden, so Angi Gross von GeWoZu, die von den Vorteilen des Modells überzeugt ist.

Das ist naturgemäß auch Distelberger: "Es gibt Menschen, die Geld haben, und andere, die sinnvolle Projekte umsetzen, auch wenn sie keines haben. Ein Vermögenspool bringt beide zusammen." (Bernadette Redl, 24.3.2021)