Im besten Fall saß sie wie eine zweite Haut, viel öfter aber schnürte sie die Luft ab. Die Skinny Jeans spaltete schon immer die Gemüter. Die einen priesen ihre Anschmiegsamkeit, den anderen war so viel körperliche Nähe unheimlich. Sie wurde so oft totgesagt wie verflucht – und blieb dennoch unkaputtbar.

Kein Wunder, die Millennials, jene in den 1980er- und in den 1990er-Jahren geborene Generation, standen ihr in den vergangenen 15 Jahren trotz bequemerer Alternativen (Mom Jeans!) zur Seite – in guten wie in weniger guten Zeiten. Auch wenn zur Aufrechterhaltung der Beziehung so manches Zugeständnis gemacht werden musste. Im Zweifelsfall schrumpfte der Körper, um in die Röhre zu passen.

Die Skinny: Klassiker oder reif zum Ausmisten? Eine Besucherin der Pariser Couture-Woche im Juli 2018.
Foto: imago/Runway Manhattan

Ein dünner Mann gab nämlich damals den Ton an. Dior-Designer Hedi Slimane engagierte nicht nur die schmalsten Hühnerbrüste auf dem Planeten und gab Liebeserklärungen an Bands wie Franz Ferdinand ab ("Die haben den perfekten Stil"), er motivierte um die Jahrtausendwende sogar einen Endsechziger zu einer Crashdiät: 42 Kilo nahm Karl Lagerfeld in zwölf Monaten ab, um in die schmalen Silhouetten des französischen Modehauses zu passen.

Ja ja, das trug man 2005 so: Franz Ferdinand in hautengen Jeans. Ihr größter Fan damals: Hedi Slimane.
Franz Ferdinand
Er hielt bis zum Schluss an schmalen Hosen fest: Karl Lagerfeld, hier bei der Vorstellung der Frühjahrskollektion 2014 von Chanel.
Foto: PATRICK KOVARIK / AFP

Das alles ist längst Schnee von gestern: Lagerfeld ist vor fast genau zwei Jahren gestorben, nun soll ihm die Skinny folgen – wenn es nach der Generation Z geht. Die hat auf der Videoplattform Tiktok nur noch ein mitleidiges Lächeln für die einengende Röhrlhose der älter gewordenen Millennials übrig. Subtext der Beiträge, die zum Beispiel mit dem Hashtag #noskinnyjeans getaggt werden: Glaubt ihr ernsthaft, die sexy Skinny beschert euch ewige Jugend? Und ja, die 20- bis 30-Jährigen haben natürlich recht. Die Röhrenhose hat schon länger Staub angelegt.

Auch weil sie dem ewig schlanken Ideal verpflichtet ist. Baggy Pants hingegen bieten Raum für unterschiedliche Körper. Billie Eilish, die in breiten Hosen sogar rote Teppiche betritt, möchte sich so vor sexistischen, bodyshamenden Kommentaren schützen.

Billie Eilish betrat den Red Carpet am 9. Februar 2020 in Baggy Pants.
Foto: EPA/DAVID SWANSON

Nur ein Detail mag die Generation Z aus den Augen verloren haben. Auch die Baggy Pants sind keine Neuerfindung. Nur so ein Beispiel: TLC, MTV Music Awards 1995. Lohnt sich, nachzugoogeln. (Anne Feldkamp, 17.2.2021)