Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Tauschbörse unter Nachbarn auf Whatsapp ist eine gute Sache in unserer heutigen Zeit – doch die Sache hat Haken.

Foto: reuters

Der Samstag ist der stärkste Tag, 70 bis 100 Nachrichten in der Whatsapp-Gruppe unserer Wohnanlage sind dann keine Seltenheit. Immerhin: Sie hat auch fast 90 Mitglieder, die natürlich fast alle etwas zu sagen haben. In erster Linie geht es ums Tauschen. Wer möchte die alten Blumentöpfe, den Kinderschneeanzug oder die Spar-Pickerln? Als Strategie gegen unsere Wegwerfgesellschaft eine tolle Sache!

Obwohl ich schon seit mehreren Jahren im Haus wohne, bin ich neu in der Gruppe – einer zufälligen Bekanntschaft mit einer Nachbarin sei Dank. Doch unter die erste Euphorie nach der Aufnahme, dass es nun eine Möglichkeit gibt, sich auszutauschen, mischte sich schnell auch etwas Frust. Zunächst ob der vielen Fotos von Tauschgegenständen. Oft sind es mehrere Dutzend an einem Tag, die meinen Handyspeicher belegen.

Halblustige Kettennachrichten

Dazu kommen Konversationen, die bei weitem nicht alle 90 Nachbarn interessieren dürften, sowie in Zeiten von Corona auch Belehrungen über das "richtige Verhalten in der Pandemie" – sowie leider auch Vernaderungen. Und natürlich gibt es, wie in allen Whatsapp-Gruppen, jene Menschen, die gerne halblustige oder unseriöse Kettennachrichten teilen – deren Sinnhaftigkeit im Anschluss gerne umfassend diskutiert und kommentiert wird. Hier ist ein langer Atem gefordert, auf "stumm" gestellt ist die Konversation bei mir jedenfalls schon seit der ersten Woche.

Und trotzdem ist dieser Austausch einfach wahnsinnig praktisch, wenn man einen Becher Sauerrahm braucht, ein paar Tage lang in der Garage einen Parkplatz nutzen will, einen guten Handwerker sucht, etwas im Hausflur verliert oder ein Brief falsch zugestellt wird. Und irgendwie fühlt es sich so an, als wäre ich erst jetzt so richtig eingezogen und angekommen. (Bernadette Redl, 23.4.2021)