Salzburg empfängt am Donnerstag in der Europa League Villarreal. Stephan Reiter wird optimistisch im leeren Stadion sitzen.

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EL: WAC vs. Tottenham, Salzburg vs. Villarreal, ab 18.55 Uhr

Es ist eine fast traurige Geschichte, aber Stephan Reiter, der kaufmännische Geschäftsführer von Red Bull Salzburg, hat selbst einmal Fußball gespielt. In der zweiten Klasse Süd beim USC Goldegg – lang, lang ist’s her. "Man muss es nicht erwähnen", sagt der 49-Jährige.

Reiter ist seit Februar 2017 Manager beim Serienmeister, sein Vertrag wurde bis 2024 verlängert. Er ist quasi ein Quereinsteiger, wobei eine Affinität zum Sport immer gegeben war. Aktiv wie passiv, er rannte und rennt Marathon, fährt Rad und Ski, war Country-Manager (Österreich, Ungarn, Slowenien) beim finnischen Sportausrüstungshersteller Amersports.

"Veränderungen sind kein Risiko"

Reiter mag den Begriff "Quereinsteiger" nicht besonders. "Denn ein professioneller Fußballklub ist wie ein professionelles Unternehmen zu führen. Jede Veränderung ist auch da eine Chance. Veränderungen sind kein Risiko, sie sind da, um etwas zu bewegen, zu erleben."

Natürlich seien im Fußball Emotionen im Spiel, Glück und Pech lägen knapp beisammen, der berühmte Stangenschuss in der 90. Minute könne über Auf- und Abstieg entscheiden. "Den Stangenschuss kannst du nicht managen, aber den Kader, den Trainer, die Umgebung, die Infrastruktur. Du musst dich auf die Dinge konzentrieren, die du beeinflussen kannst. In der Wirtschaft ist es schwierig, sich auf Resultate zu fokussieren. Du musst Aktivitäten setzen, die zu Resultaten führen."

Ein neues Leitbild

Bei Reiters Amtsantritt (er ersetzte Jochen Sauer) gab es noch ein negatives Eigenkapital, jetzt ist es mit 90 Millionen Euro äußerst positiv. "Damals war die grundsätzliche Strategie auf Schiene, aber die konsequente Umsetzung bot noch Handlungsspielraum." Nach dem Transfer von Kultkicker Jonatan Soriano wurde man nicht unbedingt gefeiert. "Wir haben unsere Strategie dennoch umgesetzt und unter anderem das Leitbild neu definiert. Jetzt für die Zukunft ist das Motto, das leben wir." Aufgrund seiner Reichweite bestehe im Fußball die Gefahr, "dass du deinen Weg verlässt. Da muss man auf der Hut sein, auch weil aufgrund der Emotionen viele eine Meinung haben."

Mit vollen Hosen lässt es sich bekanntlich leicht stinken, Red Bull Salzburg ist diesbezüglich speziell. Reiter tauscht sich in regelmäßigen Abständen mit Dietrich Mateschitz aus: "Es ist ein privilegierter Job. Trotzdem müssen wir viel tun. Durch potente Sponsoren und viele Erfolge haben wir uns die volle Hose hart erarbeitet."

"Auch wenn es hochtrabend klingt..."

Reiter sagt, es gehe nicht darum, zu konservieren. "Das ist ein falscher Denkansatz. Wir wollen kreieren, innovativ nach vorne schauen. Das ist das Gegenteil von konservieren. Auch wenn es hochtrabend klingt, wir wollen den Fußball neu denken." Die Bezeichnung "Ausbildungsklub" lehnt Reiter ab. "Wir sind ein internationaler Klub mit sehr guten Möglichkeiten."

Talente aus der ganzen Welt (beziehungsweise ihre Manager) bekämen das mit. "Sie bekommen Spielzeit, können sich entwickeln. Das gilt auch für unsere Trainer, die sehr gefragt sind." Beispiel Stürmer Erling Haaland. "Er wusste, wir sind sein perfektes Sprungbrett. Uns war klar, dass Spieler von seinem Niveau in der österreichischen Liga nicht lang zu halten sind."

Mehr als nur Fußballer

Salzburg versorgt den großen Bruder Leipzig (früher kleine Schwester) mit Personal, auch Dortmund, Mönchengladbach oder Liverpool zählen zu den Abnehmern. Reiter: "Wir sind in der Lage, im Altersbereich von 16 bis 18 um die großen Talente zu buhlen. Wir wollen die Pipeline immer voll haben, Transfereinnahmen sind eine wichtige Säule." In der Akademie lege man Wert auf die persönliche Entwicklung. "51 Prozent sind Bildung, 49 Prozent Sport. Wir wollen mehr als nur tolle Fußballer."

Salzburg bleibt freilich Teil der österreichischen Liga, Seriensiege in der Champions League sind eher auszuschließen. Reiter: "Wir streben an, Dauergast in der Champions League zu sein." Generell sei das Niveau in der Liga extrem gestiegen. "Wir sind kein Niemandsland, sind auf der Landkarte eine Adresse geworden. Bei Auslosungen gibt es für österreichische Klubs kein breites Grinsen, sondern großen Respekt."

Förderungen wären "deplatziert"

Die Pandemie wirkt sich logischerweise auch auf Salzburg massiv aus. Der Klub hat auf sämtliche staatliche Förderungen und Entschädigungen verzichtet. Steuergelder zu kassieren wäre für Reiter vielleicht nicht geschmacklos, aber "deplatziert. Wir machten einen Rekordumsatz von 180 Millionen. Hilfe sollen jene Unternehmen bekommen, die wirtschaftlich in Not geraten. Das sind sehr viele. Aber auch wir leiden unter den Geisterspielen."

Der globale Fußball wankt, der Transfermarkt ist im Sommer um mehr als eine Milliarde Euro eingebrochen. Auf Knopfdruck, sagt Reiter, werde nichts normal. "Wir alle benötigen Kraft, positive Energie." (Christian Hackl, 18.2.2021)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen:

Red Bull Salzburg – Villarreal CF
Red Bull Arena, 21.00 Uhr/live DAZN, SR Gudermanis/LAT

Salzburg: Stankovic – Kristensen, Vallci, Solet, Ulmer – Mwepu, Camara, Junuzovic, Sucic – Daka, Koita

Ersatz: Mantl – Farkas, Bernede, Aaronson, Okafor, Adeyemi, Berisha

Es fehlen: Ramalho (gesperrt), Wöber (Oberschenkelprobleme), Bernardo (Knieverletzung), Affengruber (nicht im Europa-League-Kader)

Villarreal: Asenjo – Pena, Albiol, Pau Torres, Pedraza – Parejo, Capoue, Trigueros – G. Moreno, Alcacer, Moi Gomez

Ersatz: Rulli – Funes Mori, Ratiu, Estupinan, Jaume Costa, Foyth, Raba, Chukwueze, Nino, Bacca

Es fehlen: Gaspar (Muskelverletzung), Coquelin (Knöchelverletzung), Iborra (Kreuzbandriss/nicht im Europa-League-Kader)

Fraglich: A. Moreno (Trainingsrückstand nach Kreuzbandriss)

Rückspiel am 25. Februar (18.55 Uhr) in Villarreal