Schon im Jahr 2030 sollen 100 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen (z. B. Wind, Sonne, Wasser) stammen.

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Seit Monaten fragt sich die Energiebranche, wann das mehrfach angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) – und mit ihm Milliardenförderungen für erneuerbare Energien – endlich im Parlament verabschiedet wird. Seit der Veröffentlichung des Begutachtungsentwurfs im Oktober 2020 ist zumindest der wesentliche Inhalt bekannt. Am Entwurf soll sich trotz zahlreicher Stellungnahmen – so hört man – nicht mehr viel ändern.

Mit dem EAG sollen die ambitionierten Regierungsziele erreicht werden, Österreich bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen. Schon im Jahr 2030 sollen 100 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen (z. B. Wind, Sonne, Wasser) stammen.

Ohne regionale Akzeptanz können diese Ziele nicht erreicht werden, denn durch PV-Anlagen und Windparks wird sich die österreichische Landschaft zwangsläufig verändern. Daher soll die Bevölkerung unmittelbar und aktiv in die Energiewende eingebunden werden. Hier kommen Energiegemeinschaften ins Spiel, die im EAG-Entwurf eine zentrale Rolle einnehmen.

Energiegemeinschaften sind Zusammenschlüsse mehrerer Personen, Unternehmen oder öffentlicher Körperschaften, die gemeinsam Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Die selbsterzeugte Energie kann später verbraucht, gespeichert oder verkauft werden.

Ziel ist es, dass Bürger und Unternehmen selbst grünen Strom erzeugen und vom Endkunden zum, wie es so schön heißt, Prosumer werden. Energiegemeinschaften sind jedoch nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich spannend. Denn mit den neuen Playern am Energiemarkt betreten auch Juristen Neuland.

Offen und freiwillig

Energiegemeinschaften müssen als Gesellschaft organisiert sein, deren Hauptzweck nicht in der Erzielung von Gewinn liegen darf. Die erzeugte Energie soll daher primär von der Gemeinschaft verbraucht werden, nur Überschussmengen dürfen verkauft werden. Die Teilnahme an einer Energiegemeinschaft muss zudem offen und freiwillig sein.

Das bedeutet, dass Personen jederzeit in die Gesellschaft ein- und austreten können. All das wirft die Frage auf, welche Gesellschaftsform sich am besten für die Energiegemeinschaft eignet. Von dieser Wahl hängt viel ab, denn nur wenn Organisationsaufwand, Haftungsregime und Kosten attraktiv sind, werden Energiegemeinschaften tatsächlich ein Massenphänomen werden.

Nach dem EAG-Entwurf können Gründer aus sämtlichen rechtsfähigen Gesellschaftsformen auswählen. Die Gründung einer Aktiengesellschaft ist ebenso zulässig wie die Gründung eines Vereins. Nicht alle möglichen Gesellschaftsformen erfüllen jedoch den Praxistest. Für eine kleine Energiegemeinschaft aus privaten PV-Anlagen wird eine Aktiengesellschaft viel zu teuer sein.

Flexibler Mitgliederwechsel

Aus der Freiwilligkeit der Teilnahme folgt weiters, dass der Mitgliederwechsel flexibel sein muss. Bei einer GmbH ist dieser jedoch an strenge Formvorschriften gebunden (Notariatsakt). In Vereine und Genossenschaften können Teilnehmer dagegen durch eine schriftliche Erklärung ein- und austreten.

Beide Gesellschaftsformen sind ideell orientiert, also nicht oder zumindest nicht primär auf Gewinn ausgerichtet. Dies entspricht der Idealvorstellung des Gesetzgebers wohl am ehesten. Je aktiver eine Energiegemeinschaft jedoch wirtschaftlich tätig wird, desto weniger eignet sich die Rechtsform des Vereins (z. B. durch Verkauf von Überschussmengen).

Ob Energiegemeinschaften gekommen sind, um zu bleiben, wird maßgeblich von der wirtschaftlichen Attraktivität abhängen. Diese wird auch bestimmt durch die Wahl der richtigen Gesellschaftsform. (Paul Nimmerfall, Bernd Rajal, 18.2.2021)