Bei der Übergabe von Unternehmen an Nachkommen tun sich zahlreiche steuerliche, gesellschaftsrechtliche und erbrechtliche Fragen auf.

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Die österreichische Wirtschaft wird dominiert von Familienunternehmen – dies vor allem, wenngleich nicht ausschließlich, im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Studien zeigen, dass der Generationenwechsel zu den kritischen Phasen in der Entwicklung eines Unternehmens zählt. Die Person, die das Unternehmen möglicherweise über Jahreszehnte geprägt hat und die es vielleicht als ihr Lebenswerk betrachtet, tritt ab und übergibt das Ruder an die nachfolgende Generation.

Mit diesem Prozess sind zahlreiche Fragestellungen und nicht selten auch Komplikationen verbunden. Sie betreffen zunächst die Auswahl eines geeigneten Nachfolgers oder einer Nachfolgerin bzw. den Verkauf des Unternehmens, wenn niemand im Familienkreis hierfür infrage kommt.

Von großer Bedeutung ist auch der richtige Zeitpunkt für den Generationenwechsel, weil eine geplante und gut organisierte Übergabe einer durch äußere Umstände erzwungenen Übertragung – etwa durch Tod oder plötzliche Krankheit – in jedem Fall vorzuziehen ist. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es so manchen Unternehmerpersönlichkeiten schwerfällt, rechtzeitig "loszulassen" und die nächste Generation nicht nur für das Unternehmen zu interessieren, sondern auch beizeiten in die Verantwortung einzubinden.

Schwieriger Wechsel

Der Generationenwechsel im Familienunternehmen stellt die Beteiligten aber auch vor zahlreiche juristische Herausforderungen. Aus der Sicht der Rechtsberatung handelt es sich um eine komplexe Gestaltungsaufgabe, bei der neben steuerlichen Gesichtspunkten vor allem gesellschaftsrechtliche und erbrechtliche Fragen zu klären sind.

Wird das Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft betrieben, an der mehrere Personen beteiligt sind, so beginnt die Planung der Unternehmensnachfolge bereits mit der Gründung des Unternehmens bzw. dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags. Denn die Übergabe durch einen Gesellschafter berührt auch die Interessen der Mitgesellschafter.

Dabei kommt der Vereinbarung von Aufgriffsrechten ganz erhebliche Bedeutung zu. Sie sind häufiger Bestandteil von Gesellschaftsverträgen über Familiengesellschaften und berechtigen die übrigen Gesellschafter zum vorrangigen Erwerb der Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters. Auf diese Weise besteht Schutz gegen unerwünschte Übernahmen und das Eindringen möglicher Mitbewerber.

Abfindung

Aufgriffsrechte sind ein regelmäßiger Bestandteil von GmbH-Verträgen; seit einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2013 zu statutarischen Vorkaufsrechten (6 Ob 28/13f) gilt ihre satzungsmäßige Verankerung auch bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften als zulässig.

Bei Personengesellschaften – insbesondere Offenen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften – kann das Ausscheiden eines Gesellschafters zu Anlass seines Todes vereinbart werden, was dazu führt, dass sein Anteil an die Mitgesellschafter übergeht, also es zur Anwachsung seines Anteils kommt. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Bemessung des Aufgriffspreises oder der Abfindung bzw. auf die hierfür maßgeblichen Preisbildungsmechanismen gelegt werden.

Der bei Personengesellschaften häufig anzutreffende Ausschluss jeglicher Abfindung, der zu einer entschädigungslosen Anwachsung der Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters durch die Mitgesellschafter führt, ist zwar zulässig; er kann aber dazu führen, dass die Vereinbarung aus pflichtteilsrechtlicher Sicht wie eine Schenkung behandelt wird, was zu einer Erhöhung der Pflichtteile führt.

Zersplitterung vermeiden

Der geordnete Generationenwechsel bedarf auch aus erbrechtlicher Sicht einer sorgfältigen Planung. Der Erblasser wird sich hier manchmal in einem Zielkonflikt befinden: Einerseits wird er daran interessiert sein, die Beteiligung möglichst ungeteilt zu erhalten, um eine Zersplitterung zu vermeiden; andererseits sollen Nachfolger vor übermäßigen Pflichtteilsansprüchen geschützt werden. All dies gelingt dann am besten, wenn alle Beteiligten in die Planung einbezogen werden und sich zu konsensualen Lösungen bereit finden.

Im Konfliktfall kann die durch die Erbrechtsreform 2015 eröffnete Möglichkeit einer Stundung oder Ratenzahlung von Pflichtteilsansprüchen über einen Zeitraum von fünf, unter Umständen sogar zehn Jahren eine gewisse Erleichterung für den/die Unternehmensnachfolger/in darstellen. Möglicherweise kann sich auch die Einbringung der Gesellschaftsanteile in eine Stiftung als zweckmäßig erweisen.

Vorsorgevollmacht

Bei der Planung des Generationenwechsels sollte auch die Zeit vor der Übergabe bedacht werden. Eine Demenzerkrankung, ein unfallbedingtes Koma und Ähnliches können dazu führen, dass Unternehmer ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können. Die Funktion eines GmbH-Geschäftsführers oder eines Vorstands einer Aktiengesellschaft erlöschen von Rechts wegen, wenn die betreffende Person ihre Entscheidungs- und Geschäftsfähigkeit verliert.

Für die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte empfiehlt sich eine Vorsorgevollmacht. Dabei sollte vorsichtshalber auch im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung die Möglichkeit des Tätigwerdens eines Vorsorgebevollmächtigten ausdrücklich geklärt werden. Die Vollmacht hat den weiteren Vorteil, dass sie das – möglicherweise unerwünschte – Einschreiten eines nahen Angehörigen als gesetzlicher Erwachsenenvertreter verhindert.

In jeder Hinsicht gilt: Je sorgfältiger die – rechtzeitige – Planung erfolgt, desto eher werden Krisen bei einem Generationenwechsel vermieden. (Martin Schauer, 18.2.2021)