Kämpferische Geschwister auf blutiger Mission: Liv (Henriette Confurius), Elja (David Ali Rashed) und Kiano (Emilio Sakraya).

Foto: Netflix / Gordon Timpen

Melika Foroutan als Lord Varvara.

Foto: Netflix, Gordon Timpen

Es war im Jahr 2029. Damals führte ein Stromausfall zu Chaos und Anarchie in Europa. Dieses Ereignis sollte als "Schwarzer Dezember" in die Geschichte eingehen. Danach ist nichts mehr so, wie es war. Der Kontinent ist in unzählige Klein- und Mikrostaaten zerfallen, verschiedene Tribes kämpfen um die Vorherrschaft. Mit unterschiedlichen Mitteln.

Mit Tribes of Europa schickt Netflix nach Dark und Barbaren eine weitere deutsche Serie in das Streamingrennen, sechs Folgen sind ab Freitag abrufbar. Und darin zeichnen die Macher Quirin Berg und Max Wiedemann (Dark, 4 Blocks, Der Pass) ein gar düsteres Bild von der Zukunft Europas.

Schuld ist die Technik

Als wäre es nicht genug, dass die Menschheit nach dem Blackout ins schaurige vorindustrielle Zeitalter zurückgeworfen ist, machen einander die verschiedenen Stämme jetzt im Jahr 2074 gegenseitig das Leben schwer.

Im Mittelpunkt stehen die Geschwister Kiano (Emilio Sakraya), Liv (Henriette Confurius) und Elja (David Ali Rashed) vom Volk der Origines. Deren Mitglieder sind so etwas wie pazifistische Bobos, die es sich im abgelegenen Wald in ihrer Bio-Blase recht gemütlich eingerichtet haben. Selbstbestimmt und ohne böse Technik, die sie für den Untergang der guten alten Welt verantwortlich machen, schotten sie sich von der Außenwelt und anderen Tribes ab. Das kann auf Dauer freilich nicht gutgehen. Denn wir wissen: Das Böse ist immer und überall.

Offizieller Trailer zu "Tribes of Europa".
Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz

Als ein Pilot vom Volk der Atlantier? in der Nähe ihres Dorfes abstürzt, ist es aus und vorbei mit der Ruhe. Noch dazu, wo er ein geheimnisvolles Ding, den Cube, bei sich hat, um den sich von nun an alle reißen. Die guten Origines? geraten zwischen die Fronten der verfeindeten Tribes. Um die Vorherrschaft kämpfen die wirklich bösen, aber doch ehrlichen Crows und die Armee der Crimson Republic. Dieses Volk ist so etwas wie die Nachfolgeorganisation des Eurokorps. Dessen Anführer spielt der Österreicher Robert Finster (Freud).

Spaßiger Sadismus

Allesamt gehen sie nicht zimperlich vor, wenn es darum geht, sich diesen Cube und die Macht in Europa zu sichern. Die Spiele können also beginnen, das Gemetzel nimmt seinen blutigen Lauf.

Idee und Buch zur Serie kommen von Philip Koch, er führte auch gemeinsam mit Florian Baxmeyer Regie. Gedreht wurde in Wäldern in Tschechien und in Kroatien im Tito-Museum. Nicht alle Handlungen sind frei von Klischees, sie wirken in manchen Teilen recht schablonenhaft konstruiert. Vieles bleibt an der Oberfläche. Aber gute Unterhaltung liefert Tribes of Europa allemal.

Besonders spaßig und trashig wird die Serie immer dann, wenn die bitterbösen Crows – allen voran Melika Foroutan als skrupellose Lord Varvara oder der überschminkte Oberboss Sebastian Blomberg in schwarzem Leder – an ihr sadistisches Werk im abgefuckten Berlin gehen. Dann gibt’s neben Folter, Sklaverei, Mord und anderen Grauslichkeiten auch Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll, Baby! Ein humoriger Lichtblick ist auch Oliver Masucci als schräger Einzelkämpfer Moses, der sich nach dessen Flucht aus dem Dorf um den jungen Elja kümmert. Aber natürlich vor allem seine eigenen Interessen (Cube!) im Sinn hat.

Wer auf die postapokalyptische Welt im Stil von Mad Max steht, wird auch Tribes of Europa mögen. (Astrid Ebenführer, 18.2.2021)