Für Hoffnung bei Reisefreudigen sorgt die Idee eines europäischen Impfpasses, wie ihn Urlaubsländer wie Griechenland aber auch Österreich derzeit propagieren.

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Wien – Die Corona-Pandemie hat das Bild des grenzenlosen Europas gehörig ins Wanken gebracht. Das Fernweh vieler Österreicher ein Jahr nach Beginn der Pandemie groß; viele hier lebende EU-Bürgern und Migranten sind zudem von ihren Verwandten in der alten Heimat abgeschnitten. Wann die Reisefreiheit wieder voll hergestellt wird, ist derzeit nicht absehbar. Im Gegenteil: Der Trend geht derzeit sogar in Richtung Verschärfung. Wegen der Virusmutationen gibt es wieder Grenzschließungen.

Die Staus und diplomatische Irritationen wegen einseitiger Abschottungen an den Grenzen wie am vergangenen Wochenende ließen Erinnerungen an den vergangenen März aufkommen. Dabei hatten die EU-Staaten sich seitdem mantraartig immer wieder gegenseitig versichert, dass man Staus und Chaos an den Grenzen wie im vergangenen Jahr nicht mehr haben wolle. "Wir haben unsere Lektionen gelernt", formulierte es EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Herbst. Abstimmungen bei Reisewarnungen, Coronatests und Quarantänevorschriften wurden angekündigt.

Tagelanges Chaos

Damals war es Österreich, das als eines der ersten EU-Länder drastische Schritte gesetzt: Zwei Wochen nach der Entdeckung der ersten Coronafälle in Österreich wurde am 10. März die Grenze zu Italien geschlossen. Die kurzfristige unabgesprochene Entscheidung führte zu kilometerlangen Staus am Brenner und erheblichem Unmut in Rom. Innerhalb der folgenden Tage wurden quer durch Europa wieder Grenzkontrollen wiedergeführt und gegenseitige Einreisesperren verhängt. Staus und tagelanges Chaos an vielen Grenzen waren die Folge. Zum 25. Jahrestag der Geburtsstunde des Schengenabkommen am 26. März hatten bereits mehr als die Hälfte der 26 Staaten des eigentlich kontrollfreien Schengenraum Grenzkontrollen eingeführt.

In der größten Rückholaktion der Geschichte mussten in rund 40 Repatriierungsflügen mehr als 7.500 im Ausland gestrandete Österreicher heimgeholt werden. In Österreich sorgten die Grenzsperre insbesondere bei der 24-Stundenbetreuung und Erntehelfern für Probleme. Erst nach langen Verhandlungen konnte Mitte Mai ein Korridorzug Pflegepersonal aus Rumänien durch Ungarn nach Österreich bringen.

Kurz zurückgewonnene Freiheit

Bilaterale Einigungen sorgten langsam für Erleichterungen für Pendler, Geschäftsreisende und Familienbesuche. Aber für Urlauber blieben die Grenzen fast drei Monate lang dicht. Die sinkenden Infektionszahlen und der nahende Sommer sorgte ab Mitte Mai für lauter werdende Rufe nach Grenzöffnungen. Österreich schielte dabei vor allem auf das wichtige Urlauberland Deutschland. Am 4. Juni wurden rechtzeitig zur Haupturlaubszeit schließlich Österreichs Grenzen zu den Nachbarländern wieder uneingeschränkt geöffnet – nur Italien musste warten, was erneut für Verstimmungen in Rom sorgte. Nur zwei Wochen später fielen am 16. Juni schließlich die Einreisebeschränkungen für fast alle europäischen Länder.

Die zurückgewonnene Reisefreiheit währte allerdings nur kurz. Schon im Juli wurden wegen steigender Infektionszahlen neue Reisewarnungen und Einreisebeschränkungen für Rumänien und Bulgarien verhängt, im August folgten Spanien und Kroatien.

Inzidenz-basierte Einreiseregeln

Im Herbst agierte Österreich selbst trotz vielerorts steigender Infektionszahlen zögerlich bei der Verhängung von weiteren Einreisebeschränkungen, wurde aber selbst zunehmend Ziel von Reisewarnungen. Einzelne Bundesländer oder gleich ganz Österreich wurden in mehreren Ländern auf die Roten Listen gesetzt. Am schmerzhaftesten: Deutschland erklärte Mitte September zuerst Wien, dann Vorarlberg, Tirol und bis Ende Oktober mit Kärnten das letzte Bundesland zum Risikogebiet. Die seitdem geltenden Einreisebeschränkungen treffen nicht nur die Tourismuswirtschaft hart, sondern verkomplizieren unter anderem auch den rund 200.000 in Österreich lebenden deutschen Staatsbürgern den Kontakt zum Heimatland.

Österreich verschärfte seine Einreiseregeln erst kurz vor Weihnachten drastisch. Seit dem 19. Dezember gibt es auch hierzulande Inzidenz-basierte Einreiseregeln. Die seitdem immer wieder nachgeschärften Einreisebeschränkungen gelten für Einreisende, die aus Staaten mit einer 14-Tages-Inzidenz von mehr als 100 (pro 100.000 Einwohner) nach Österreich kommen. Die Einreisenden müssen sich vorab registrieren, ein negatives Coronatest-Ergebnis vorlegen und eine zehntägige Quarantäne antreten. Ein Freitesten ist frühestens fünf Tagen nach der Einreise möglich.

Schlechte Chancen

Ausgenommen von diesen Regeln sind derzeit nur Einreisende aus neun Ländern weltweit: Australien, Finnland, Griechenland, Island, Neuseeland, Norwegen, Singapur, Südkorea und dem Vatikan. Griechenland könnte allerdings schon bald wieder von der Liste der sicheren Länder gestrichen werden, zuletzt stieg die Zahl der Neuinfektionen und die 14-Tage-Inzidenz liegt derzeit laut EU-Gesundheitsagentur ECDC bei knapp 112. Von den europäischen Ländern haben derzeit Dänemark (109), Bulgarien (127), Kroatien (157), Rumänien und Ungarn (beide 176) und Deutschland (177) am ehesten Chancen unter den geltenden Kriterien demnächst als sichere Länder eingestuft zu werden. In all dieses Staaten – wie auch in der Schweiz (192) – ist die 14-Tage-Inzidenz derzeit niedriger als in Österreich (225).

Die beliebten Urlaubsländer Spanien (843), Portugal (1.214) und Frankreich (423) sind meilenweit, Italien (282) auch ziemlich weit davon entfernt, die Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in 14 Tagen zu unterschreiten. Auch bei den Nachländern Tschechien (915), Slowakei (496) und Slowenien (762) stehen die Chancen derzeit schlecht.

Virus-Variationen

Eine Rückkehr zum freien Reisen ist in unmittelbarer Zukunft nicht in Sicht. Angesichts der neuen Virusmutationen geht der Trend derzeit vielmehr in Richtung neuer Grenzschließungen. Trafen die Einreisestopps und Landeverbote zunächst Großbritannien, Südafrika und Brasilien, ist nun auch Österreich wegen der vor allem in Tirol entdeckten südafrikanischen Virus-Variation betroffen. Neben Deutschland verschärfte zuletzt auch Italien seine Einreisebeschränkungen gegenüber Österreich.

Für Hoffnung bei Reisefreudigen sorgt die Idee eines europäischen Impfpasses, wie ihn Urlaubsländer wie Griechenland aber auch Österreich derzeit propagieren. Über die Aufhebung von Reisebeschränkungen für Menschen mit Corona-Impfung herrscht allerdings noch keine Einigkeit in der EU. Ungeklärt ist bisher, ob von bereits geimpften Menschen weiter eine Ansteckungsgefahr ausgehen kann. (APA, 18.2.2021)