Die WKStA soll laut Justizministerium unabhängiger werden – konträr zu den türkisen Ideen.

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Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mehr Unabhängigkeit verschaffen. Per Gesetzesänderung und Erlass will Kogler, der Justizministerin Alma Zadić in ihrer Babypause vertritt, die vielfach kritisierte Vorab-Berichtspflicht bei Ermittlungsschritten abschaffen. Eine entsprechende Weisung wurde von Kogler bereits übermittelt. Derzeit muss die WKStA beispielsweise Hausdurchsuchungen, die ein unabhängiges Gericht bewilligt hat, drei Tage im Vorhinein an die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien melden. Diese prüft anschließend das Vorgehen. Innerhalb der WKStA gab es deshalb Befürchtungen, heikle Informationen könnten an einen zu großen Empfängerkreis gelangen und verraten werden.

Angst vor Leaks

Wegen möglicher Leaks zu anstehenden Razzien gibt es derzeit mehrere Verfahren gegen unbekannte Täter. Einige Beschuldigte in der Causa Casinos erweckten den Anschein, sich auf eine Durchsuchung vorbereitet zu haben: Smartphones waren kurz zuvor neu aufgesetzt und Chatnachrichten gelöscht worden; ein Beschuldigter meinte gar, er habe schon vor zwei Wochen mit den Ermittlern gerechnet – zu diesem Datum war die Durchsuchung eigentlich angesetzt worden. Gegen den einstigen Sektionschef Christian Pilnacek wird derzeit die Einleitung eines Verfahrens geprüft, weil er im U-Ausschuss aussagte, nicht vorab über die Hausdurchsuchungspläne bei Öbag-Chef Thomas Schmid erfahren zu haben. Allerdings informierte die OStA Wien Pilnacek telefonisch sehr wohl vorab. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Reaktion auf Causa BVT

Die Vorab-Berichtspflicht war einst als Reaktion auf das Handeln der WKStA bei der BVT-Affäre eingeführt worden: Die Staatsanwälte hatten damals spätnachts im Journaldienst des Landesgerichts Wien eine Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz bewilligen lassen. Die anschließende Razzia sorgte für erhebliche Turbulenzen beim Verfassungsschutz; später wurde sie für rechtswidrig erklärt.

In der Causa Blümel war die Drei-Tage-Frist nicht erfüllt worden, weil "Dringlichkeit" vorherrschte. Blümels Beschuldigtenstatus in dem Verfahren war nämlich schon vorab an die Öffentlichkeit gelangt. Das Justizministerium bescheinigte der WKStA aber, "ausreichend" informiert zu haben.

Grüne an der Seite der WKStA

Die Ermittlungen gegen Finanzminister Blümel haben zu heftigen Attacken der ÖVP gegen die WKStA geführt. Kanzler Sebastian Kurz sprach von "vielen Verfehlungen" der Behörde und witterte Reformbedarf. Am Donnerstag erneuerte ÖVP-Klubobmann August Wöginger die Kritik. Er verwies auf eine angebliche "Verwechslung" zwischen Sebastian Kurz und der einstigen Novomatic-Aufsichtsrätin Martina Kurz. In einem Kalendereintrag hatte die Assistentin von Novomatic-Gründer Johann Graf "Kurz" notiert. Die WKStA wies selbst darauf hin, dass es sich um Martina Kurz handeln könnte. Für die Hausdurchsuchung bei Blümel war dieser Termin irrelevant. Wahrheitswidrig behauptete Wöginger allerdings, nun würden die Ermittlungen "wie ein Kartenhaus zusammenbrechen".

Die geplante Reduktion der Berichtspflicht und somit mehr Unabhängigkeit für die WKStA dürften aber nicht den Zielen der ÖVP entsprechen. Die Grünen wollen nach der aktuellen Weisung dazu "in den nächsten Wochen einen Gesetzesvorschlag" an den Koalitionspartner übermitteln und anschließend die Berichtspflichtenerlässe ändern. Das Justizministerium verwies darauf, dass dies auch im Regierungsprogramm akkordiert sei. (Fabian Schmid, 18.2.2021)