Auf Facebook war in Australien am Donnerstag nur das Facebook-Logo zu erkunden. Nachrichten fehlten im Angebot.

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Plötzlich war es finster. Jene Australierinnen und Australier, die für ihre Informationen vor allem auf Facebook vertrauen, saßen am Donnerstag vor Fehlermeldungen. Das sind laut Studien rund 40 Prozent. Der Disput zwischen Regierung und IT-Konzernen über Gelder für Nachrichten war plastisch in den Wohnzimmern und auf den Smartphones angekommen. Facebook hat sämtliche Nachrichtenplattformen blockiert. Auch waren andere wichtige Quellen – Behörden, Wetterdienste und Gesundheitsämter – unerreichbar.

Ein bedauerlicher Fehler, sagt Facebook zu Letzterem. Und doch ist es vor allem eine Machtdemonstration – eine aber, die für die Firma zum Eigentor werden kann. Sie argumentiert, dass sie durch ein geplantes australisches Gesetz vor die Wahl zwischen zwei schlechten Möglichkeiten gestellt wird: für Nachrichten, mit denen sie laut eigenen Angaben wenig Profit macht, zu zahlen. Oder diese Nachrichten nicht mehr zu nutzen. Man habe sich nun eben für die zweite Variante entschieden. Ätsch, liebe australische Regierung und geschätzte Medien.

Aufwind für die Kritiker

Doch ganz so leicht kann sich der Konzern nicht aus der Affäre ziehen. Denn für Facebook wird sich das Thema nicht dauerhaft auf den kleinen australischen Markt beschränken. Viele Länder überlegen ähnliche Gesetze, sehr konkret Kanada und die EU. Das Kartellamt ermittelt auch in den USA. Dort nimmt zudem die Debatte Fahrt auf, Facebook und Konsorten als öffentliche Dienstleister zu behandeln und zu regulieren. Von rechts schlägt der Firma rauer Wind entgegen, seit sie Expräsident Donald Trump gesperrt hat. Das Argument, sie entscheide willkürlich über die Anwendung der Redefreiheit, hat nun sicher nicht an Gewicht verloren.

Die Kritiker werden die Sperren in Australien als Erpressungsversuch verstehen. Und schlussfolgern, dass die Marktmacht des IT-Konzerns, die ihnen schon bisher als Begründung für ihre Vorhaben dient, jetzt erst recht beschränkt werden muss. Auf vier Prozent seines australischen Marktes mag Facebook gerne verzichten – aber wäre man wirklich bereit, einen ähnlichen Anteil der globalen Einnahmen zu riskieren?
Google, das in gleicher Sache mit Canberra stritt, scheint dazu nicht gewillt. Ein neuer Deal soll Gelder in Millionenhöhe an australische Medien umleiten, mit denen sich das Unternehmen auf ein Modell geeinigt hat. Ausgewählte Unternehmen freilich, deren Inhalte man nun auch prominenter platzieren wird.

Erfolg für Murdoch

Das ist ein Sieg für Rupert Murdochs News Corp., die auch massiv Lobbying für das australische Gesetz betrieben hatte. Und das wiederum weckt Zweifel an Canberras Motiven – zumal konservative Regierungen seit Jahren Gelder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stetig zusammenstreichen.

Nachrichten sind, vor allem wenn sie qualitätsvoll sein sollen, nicht billig und schon gar nicht gratis zu produzieren. Wenn in Australien 80 Prozent der Werbeeinnahmen an IT-Konzerne gehen, die diese Nachrichten nicht produzieren, dann ist das unfair und auf Dauer kein haltbarer Zustand. Dass es weiter eine lebhafte Medienszene gibt, muss im Interesse jeder demokratischen Regierung liegen. Wenn die daraus resultierenden Gesetze dann aber vor allem wie in Australien vier großen Konzernen nutzen, die selbst 90 Prozent des Medienmarktes kontrollieren, dann sollte man doch noch einmal überlegen, ob diese Maßnahmen wirklich treffsicher sind. (Manuel Escher, 18.2.2021)