Peter Sidlo wurde am Donnerstag einvernommen. Er klagt die Casinos Austria auf 2,3 Millionen Euro.

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Am Donnerstag wurde am Wiener Handelsgericht Ex-Casinos-Finanzvorstand Peter Sidlo einvernommen, er klagt seinen ehemaligen Arbeitgeber und will seinen vorzeitig beendeten Vertrag ausbezahlt haben – seine Forderung beläuft sich auf 2,3 Millionen Euro.

Sidlo war am 2. Dezember 2019 nach nur einem halben Jahr im Vorstand des Glücksspielkonzerns abberufen worden. Die Abberufung sei aus "gewichtigen Gründen" erfolgt, wie es von der Casag heißt. Der ehemalige blaue Bezirksrat wehrte sich dagegen. Die Vorwürfe, wonach Sidlo bezüglich möglicher politischer Absprachen rund um seine Besetzung dem Casinos-Aufsichtsrat nicht die Wahrheit gesagt habe, bestritt der ehemalige Investmentbanker.

Worum es geht

Sidlo war im Mai 2019 in den Vorstand gekommen, obwohl ihn der Personalberater nicht für qualifiziert gehalten hatte – aber um dieses Detail ging es bei Sidlos Abberufung gar nicht. Kurz nach seiner Bestellung wurde eine anonyme Anzeige bekannt, der zufolge die Bestellung Teil eines politische Deals gewesen sei. Der Aufsichtsrat, damals unter Walter Rothensteiner, bat Sidlo daher um eine schriftliche Stellungnahme. Sidlo hielt darin unter anderem fest, er habe dem Aufsichtsrat nichts verheimlicht. Nachdem im Herbst 2019 Chats aus der Zeit von Sidlos Bestellung publik wurden, wendete sich das Blatt. Sidlos Erklärung widerspreche der Chat-Auswertung, heißt es in der Klagebeantwortung.

Am Donnerstag nun legte Sidlo seine Wahrnehmungen zu seiner Bestellung dar. Er habe im Generalrat der Nationalbank (OeNB) Bettina Glatz-Kremsner kennengelernt, die damals im Casinos-Vorstand war. Mit der Managerin habe er ein freundliches und gutes Verhältnis aufgebaut und auch über Berufliches gesprochen. Es sei damals schon sichtbar gewesen, dass es bei den Casinos rumore und zu Umbauten im Vorstand kommen könnte. "Ich ging davon aus, dass Glatz-Kremsner den Vorstandsvorsitz anstreben würde – dadurch würde ihr Posten als Finanzvorstand frei", erklärte Sidlo – das habe ihn interessiert.

Über sein Interesse an der Position habe er im Sommer 2018 bei einer informellen Vorbesprechung zu einer OeNB-Generalratssitzung mit Glatz-Kremsner in einem Wiener Kaffeehaus geredet. Sidlo erwähnte am Donnerstag nebenbei, er und Glatz-Kremsner seien damals auch im Gespräch für das OeNB-Präsidium gewesen. Geworden sind es dann Harald Mahrer für die ÖVP und Barbara Kolm für die FPÖ.

Ging um Person und Team

Glatz-Kremnser habe Sidlo die Idee, sich zu bewerben, nicht ausgeredet, sie habe aber angemerkt, dass sie nicht zuständig sei. Sidlo habe dann, wie er aussagte, dem damaligen Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner auf dem Gang der Nationalbank, am Rande der Generalratssitzung, gesagt, dass er sich für den Posten des Finanzchefs interessiere. "Ich habe ihm gesagt: Ich bin ja ein FPÖler, und gefragt, ob es für einen FPÖler die Möglichkeit gibt, in eine solche Position zu kommen", so Sidlo. Rothensteiner habe auf diese "flapsige" Bemerkung "ungehalten" reagiert und auf einen geplanten Bestellprozess verwiesen. Er habe aber nicht für die Partei gefragt, sondern für sich selbst, hob Sidlo hervor. "Es war immer klar, dass es um einen Job für mich als Person ging".

Zu Chats mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache aus dieser Zeit sagte Sidlo, dass dieser für ihn ein Freund und Förderer gewesen sei. Er habe den ehemaligen blauen Parteichef gefragt, ob er Sidlos Bewerbung unterstützen würde. Der Vorwurf, dass Strache ihn mit der Bewerbung beauftragt habe, sei falsch, sagte Sidlo – er habe ja zuerst mit Glatz-Kremsner und Rothensteiner gesprochen und erst dann mit Strache.

"Deal"

Im Nachrichtenverkehr mit Parteifreund Johann Gudenus war zwar am 12. August 2018 von einem "Deal" im Zusammenhang mit den Casinos die Rede gewesen. Dieser Deal habe aber nichts mit einer politischen Absprache zu tun gehabt, so Sidlo. Vielmehr sei Sidlo, der auf eine Vergangenheit als Investmentbanker zurückblickt, auf der Suche nach Geschäftsgelegenheiten gewesen – und hätte Interesse an einer Lösung des Eigentümerstreits bei den Casinos gehabt.

Die tschechische Sazka, die Novomatic und die Republik Österreich hätten damals "auf Teufel komm raus" gestritten, erinnert sich Sidlo. Da sei es naheliegend gewesen, dass sich ein Hauptaktionär zurückzieht. "Ich hatte die Idee, die Sazka über einen Investor zum Rückzug zu überreden", erklärte Sidlo: "Das war der Deal, das habe ich dem Herrn Gudenus damals geschrieben." Aus dem Deal wurde nichts. Im Gegenteil: Die Novomatic zog sich später zurück.

Bewerbung vorbereitet

Die Bewerbung für den Casinos-Vorstand habe Sidlo gut vorbereitet. Er habe sich mit Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann vernetzt, auch Treffen mit Sazka-Vertretern habe es gegeben. In den Bewerbungsunterlagen sei er völlig transparent gewesen, so Sidlo. Er habe sämtliche Funktionen offengelegt, Referenzen angegeben und auch niemandem seine Parteimitgliedschaft verheimlicht.

Strache habe immer wieder gefragt, wie die Bewerbung läuft und ob er was tun könne. "Als ich erfahren habe, dass mich die Staatsholding offenbar auch unterstützt, war klar, dass ich Lögers Sanktus haben muss", sagte Sidlo. Strache habe er gebeten, kein politisches "Trara" daraus zu machen, er richte aber ein Dankeschön an den Finanzminister aus. "Das dürfte er auch getan haben", sagte Sidlo mit Verweis auf den berühmten Löger-Daumen.

Interne Untersuchung

Die Bestellung Sidlos schlug jedenfalls im Mai 2019 erstmals medial Wellen. Rothensteiner habe Sidlo gebeten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, das habe er getan, so Sidlo. Und das sei offenbar zu aller Zufriedenheit geschehen. Als mit Veröffentlichung der Chat-Nachrichten eine interne Untersuchung eingeleitet wurde, habe Sidlo Urlaub genommen. Ihm sei bis zuletzt vermittelt worden, dass man auch vonseiten des Unternehmens damit rechne, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten würden. Er habe fest damit gerechnet, nach abgeschlossener Untersuchung wieder normal an die Arbeit gehen zu können.

Ihm seien keine Verfehlungen seinerseits bewusst, die die vorzeitige Abberufung gerechtfertigt hätten, so Sidlo am Donnerstag vor Gericht. "Ich bin aus allen Wolken gefallen", als Rothensteiner ihn angerufen habe. Eine Abberufung sei bis dahin nie Thema gewesen, wenn auch die Stimmung im Unternehmen unangenehm gewesen sei. Sidlo sagte auch, er sei in der internen Untersuchung entlastet worden. Er sei auch nie suspendiert, sondern nur beurlaubt gewesen.

Wohl kein Vergleich

Ein Vergleich zwischen Sidlo und den Casinos scheint ausgeschlossen, solange die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Sidlo laufen. Wie aus den Gesprächen der Richterin mit den Anwälten hervorging, war die Casag nicht bereit, Sidlo mehr als drei Monatsbezüge anzubieten.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt Sidlo im Casinos-Akt als einen von inzwischen 20 Beschuldigten aus der türkis-blauen Regierungszusammenarbeit. Es gilt die Unschuldsvermutung. Seine Bestellung und im Gegenzug mutmaßliche Absprachen zu Lizenzen für die Novomatic sind der Kern der Vorwürfe, die von allen Beschuldigten bestritten werden. Die Causa Casinos hat seit August 2019 zu zahlreichen Hausdurchsuchungen bei hochrangigen Politikern von FPÖ und ÖVP geführt haben. (Aloysius Widmann, APA, 18.2.2021)