In ihrem Zuhause beim Wiener Naschmarkt fermentiert Alexandra Liberda für ein neues Lokal, während ihr Ehemann Bruno Liberda bei schönster Aussicht komponiert. Bald soll wieder mehr Ruhe einkehren.

"Wir haben uns 2008 auf die Suche nach einer gemeinsamen Wohnung gemacht. Bruno hat sich vermutlich insgesamt 120 Wohnungen angeschaut. Weil er als Komponist Ruhe braucht, haben Besichtigungen bei ihm so ausgeschaut, dass er in die Wohnung ging, irgendein Geräusch gehört und auf dem Absatz kehrtgemacht hat. Die Makler waren schon ganz fertig. Heute noch sagt Bruno, wenn wir durch die Stadt gehen, oft: ‚Hier hab ich mir mal eine Wohnung angeschaut.‘

Alexandra und Bruno Liberda mit einer ihrer zwei Katzen in ihrer Altbauwohnung, die sie 2008 gefunden haben.
Foto: Pilo Pichler

Wir hatten damals eine Liste an Punkten, die wir uns bei einer Wohnung gewünscht haben. Diese Wohnung war eine der ersten, die Bruno untergekommen sind. Er hat den Makler damals angerufen und gefragt: ‚Wo gehen die Fenster der zwei großen Räume raus? Auf die Straße, nicht in den Hinterhof? Danke, auf Wiederhören.‘ Wir haben sie nicht einmal besichtigt. Letztendlich haben wir eine Wohnung im dritten Bezirk gefunden, die eigentlich alle Wünsche erfüllt hat. Aber Bruno hatte ein mulmiges Gefühl dabei.

Also hat er kurz vor dem Unterschreiben des Mietvertrags aus Verzweiflung noch einmal beim Makler dieser Mietwohnung angerufen. Sie war noch zu haben, wurde gerade umgebaut und hatte neue Fenster. Also hört man die Autos von der Straße nicht. Wir haben sie sofort genommen.

"Wohnen und Arbeiten können wir derzeit nicht trennen. Umso wichtiger ist es, sich zu Hause wohlzufühlen", sagt Alexandra Liberda.
Foto: Pilo Pichler

Sie ist 151 Quadratmeter groß und gut geschnitten, mit drei großen Zimmern und einem langen Gang. Besser gesagt: Sie war gut geschnitten, bis unsere Tochter vor acht Jahren geboren wurde und wir ein Kinderzimmer brauchten. Anfangs haben wir überlegt, unsere Küche zu teilen, um einen neuen Raum zu gewinnen – aber da habe ich zur Sicherheit schnell ein neues Küchenmöbel bestellt. Damit kam die Küche nicht mehr infrage.

So haben wir mit Unterstützung eines Architekten eine andere Lösung gefunden. Wir haben einen Möbeleinbau bekommen, der unser großes Schlafzimmer mit einer Raumhöhe von 4,5 Metern in zwei kleinere Zimmer teilt, inklusive Hochbett für uns auf der einen Seite des Einbaus, und für unsere Tochter auf der anderen Seite. Wir haben viele Möbel, die uns von einem Tischler angefertigt wurden. Kurz nach unserem Einzug hatten wir ein Schlüsselerlebnis bei Ikea. Dort haben wir in der riesigen Halle alle Teile für einen Kasten mühsam zusammengesucht – und uns bei der Hälfte erschöpft aufs Wagerl gesetzt und uns gefragt: Wie kriegen wir das jetzt heim? Und wer baut uns das zusammen?

Das einst zersägte Klavier ist heute ein wichtiges Möbelstück.
Foto: Pilo Pichler

So haben wir unseren Tischler gefunden, der uns zum selben Preis eine Maßanfertigung auf den Zentimeter genau gemacht, geliefert und eingebaut hat. Auch unser großer Esstisch kommt vom Tischler. Die Suche nach dem richtigen Holz hat ein bisschen gedauert. Es ist das Furnier eines Albino-Baumes. Anfangs sah die Maserung wie feuerrote Flammen aus, die mittlerweile dunkel sind. Ein wichtiges Möbelstück ist auch Brunos früheres Klavier, das zum Noten-Kasten umgebaut wurde. Das Klavier repräsentiert ja unsere klassische Kultur. Als junger Komponist musste Bruno dagegen Stellung beziehen und hat es zersägt. Das war Vatermord, sozusagen.

Mit der Geburt unserer Tochter hat sich unser Wohnen natürlich verändert. Im Prinzip mögen wir beide Reduktion. Mittlerweile erkennt man das aber vermutlich nicht mehr, weil unter anderem ein Einhorn im Wohnzimmer steht. Veränderung ist mit einem kleinen Kind nicht aufzuhalten, aber auch sehr bereichernd.

Mithilfe eines Möbeleinbaus entstand ein zusätzliches Zimmer. Zwei Hochbetten wurden obendrein geschaffen.
Foto: Pilo Pichler

Wohnen und Arbeiten können wir derzeit nicht trennen. Umso wichtiger ist es, sich zu Hause wohlzufühlen. Bruno arbeitet immer schon zu Hause und macht im Zimmer mit dem schönsten Ausblick seine Musik. Ich experimentiere gerade für ein neues Lokal mit Fermentation. Im Keller hängt Salami, in der Küche steht der Käse, auf dem Gang das Sauerkraut. Es stehen überall Experimente herum, bis das Lokal hoffentlich bald eröffnen und hier wieder ein bisschen mehr Ruhe einkehren kann." (22.2.2021)