Den Prozess gegen Stephan E. und Stephan B. zu verfolgen muss für die Familienangehörigen der Opfer grausam gewesen sein. E. tötete den Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübcke (CDU), aus rassistischen Motiven, B. verübte den Anschlag auf die Synagoge in Halle und erschoss zwei Menschen.

Graffiti zum Gedenken an die Opfer des Anschlags in Hanau.
Foto: imago/Patrick Scheiber

Ein Gerichtsverfahren bleibt den Familien jener neun Menschen mit Migrationshintergrund, die der Rassist Tobias R. vor genau einem Jahr im hessischen Hanau ermordete, "erspart". Der Täter hat sich das Leben genommen.

Dadurch wird ihnen aber auch die Chance genommen, Antworten zu bekommen. Warum konnte jemand, der sich von Geheimdiensten "psychisch vergewaltigt" wähnte und dies auch bei Behörden angab, einen Waffenschein besitzen?

Bisher, so beklagen die Hinterbliebenen, haben sie keine Antworten bekommen. Sie wissen auch nicht, warum die Notruftelefone in der Tatnacht nicht ausreichend funktionierten.

Viele, vom Bundespräsidenten abwärts, zeigten sich nach den rassistischen Morden an neun Menschen schockiert und versprachen, alles zu tun, damit so etwas nicht wieder passiert.

Dazu gehört aber auch ohne Prozess eine gründliche Aufarbeitung – erst recht in der hessischen Polizei, in der sogar der Innenminister ein rechtes Netzwerk nicht ausschließt.

Ein Jahr nach dem Anschlag ist es noch lange nicht vorbei. Die Familien der Opfer müssen Antworten bekommen. (Birgit Baumann, 18.2.2021)