"Es war ein großer Fehlertag von mir." Serena Williams wartet seit den Australian Open 2017 auf einen Grand-Slam-Erfolg.

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Das traurige Dutzend ist beinah voll. Und so muss Serena Williams (39), die vielen als GOAT (Greatest of All Times) des Damentennis gilt, weiter auf den 24. Grand-Slam-Titel warten. Er wäre Rekord, noch hält die Australierin Margaret Court die Bestmarke. Diese brachte es in beinah schon grauen Vorzeiten, von 1960 bis 1973, auf 24 Titel.

Elfmal hat Williams Anlauf genommen und versucht, diesen ach so schweren Stein den Hang hinaufzuwuchten, elfmal rollte er wieder hinunter. Viermal war Williams fast ganz oben, im Finale, siebenmal kam ihr der Brocken schon vorher aus. So wie diesmal, im Semifinale der Australian Open. Da war die Japanerin Naomi Osaka (23) eine Nummer zu groß, sie siegte 6:3, 6:4.

Die Pressekonferenz nach dem Match verließ Williams vorzeitig und in Tränen aufgelöst. Auf die Frage, ob dies vielleicht ihr letzter Auftritt in Melbourne gewesen sei, antwortete sie noch lächelnd: "Ich weiß es nicht." Ob dies einfach nur ein schlechter Tag gewesen sei? "Ich weiß nicht. Das war’s." Williams fing an zu weinen, stand auf und verließ den Interviewraum.

Der Abgang zeigte deutlich, wie viel ihr dieser 24. Major-Titel bedeuten würde. Es wäre der erste seit der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia, sie will ihn unbedingt erreichen. "Ich habe mich zu Beginn gut gefühlt", hatte Williams vor ihrem emotionalen Abgang erklärt. "Aber ich habe einfach zu viele wirklich einfache Fehler gemacht. Es war ein großer Fehlertag von mir."

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Wer und was im Weg war

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Osaka ist auf Hartplatz einfach stärker als jede andere, inklusive Williams. Schon einmal, im US-Open-Finale 2018, ist sie dem Rekord von Williams im Weg gestanden, die bei ihren weiteren Versuchen zweimal w. o. geben musste und an sieben Spielerinnen jeweils einmal scheiterte – nämlich an Angelique Kerber, Karolina Pliskova, Sofia Kenin, Simona Halep, Bianca Andreescu, Wang Qiang und Viktoria Asarenka.

"Es ist immer eine Ehre, gegen sie zu spielen. Ich war am Anfang wirklich nervös, aber habe einen Weg gefunden, ins Match zurückzukommen", sagte Osaka nach ihrem Finaleinzug in der zur Hälfte mit Fans gefüllten Rod-Laver-Arena. Nach dem fünftägigen Lockdown wegen zuvor festgestellter Corona-Fälle in einem Hotel am Flughafen durften am Donnerstag wieder Zuschauer auf die Anlage am Yarra River.

Im zweiten Halbfinale setzte sich Jennifer Brady, Nummer 24 der Welt, in drei umkämpften, aber nur selten hochklassigen Sätzen 6:4, 3:6, 6:4 gegen die drei Positionen schlechter klassierte Tschechin Karolina Muchova durch. Auch Bradys Erfolg kommt nicht aus dem Nichts. Sie hatte bei den US Open 2020 ihr erstes Major-Halbfinale erreicht und Osaka drei Sätze lang hart gefordert.

Im vergangenen August holte sie bei einem kleinen Turnier in Lexington ihren bisher einzigen WTA-Titel. Gegen Muchova kämpfte Brady am Ende mit den Nerven, nutzte aber ihren fünften Matchball. Dass es nun schwieriger für sie wird, ist der 25-Jährigen bewusst: "Es wird ein wirklich hartes Match."

Gar kein hartes Match war das Semifinale für Novak Djokovic. Der Weltranglistenerste aus Serbien machte mit dem Russen Aslan Karazew kurzen Prozess, siegte glatt mit 6:3, 6:4 und 6:2. "Das war mein bestes Match im Turnier", sagte Australienrekordler Djokovic, der zum neunten Mal im Finale steht und auf seinen neunten Titel in Melbourne losgeht. Es wäre sein insgesamt 18. Grand-Slam-Erfolg, nur Roger Federer und Rafael Nadal (jeweils 20) liegen vor ihm.

Djokovic wartet schon

Karazew war erster Debütant in einem Grand-Slam-Halbfinale, hatte zuvor drei Gesetzte (Schwartzman, Auger-Aliassime, Dimitrow) bezwungen, aber Djokovic wenig entgegenzusetzen. Dieser fühlte sich "großartig". Sein Gegner wird heute, Freitag (9.30 Uhr, Servus TV und Eurosport), zwischen Daniil Medwedew (RUS/4) und Stefanos Tsitsipas (GRE/5) ermittelt. Im direkten Vergleich mit Djokovic liegt Medwedew 3:4, Tsitsipas 2:4 zurück. Von Sisyphus kann da keine Rede sein, eine Herkulesaufgabe wartet aber gewiss. (fri, APA, 18.2.2021)