Good News aus Ischgl. Ein Forscherinnenteam unter Leitung von Wegene Borena sowie Institutsleiterin Dorothee von Laer von der Medizinischen Universität Innsbruck hat im November 2020 gut 900 Einwohnerinnen und Einwohner Ischgls erneut auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen geben nun Anlass zur Hoffnung. Denn knapp 90 Prozent jener Personen, die schon bei der ersten Studie im April 2020 einen positiven Antikörpernachweis hatten, wiesen auch acht Monate nach ihrer Infektion noch Antikörper auf. Zudem zeigte sich: Je schwerer die Symptome während der Erkrankung waren, desto mehr Antikörper waren acht Monate später nachweisbar.

Im Frühjahr 2020 traf die erste Corona-Welle Ischgl härter als den Rest des Landes. Im November wiederum ging die zweite Welle fast spurlos am Skiort vorbei.
Foto: EPA/Christian Bruner

Das heißt, wer sich einmal mit dem Coronavirus infiziert hat, kann auch acht Monate danach noch auf eine relativ stabile Immunität vertrauen. So wiesen in der Basisstudie vom April 2020 jene 801 Personen, die sich nun wieder für die Folgestudie untersuchen ließen, eine Seroprävalenz von 51,4 Prozent auf. Das heißt, es konnten bei 51,4 Prozent der Teilnehmenden virusspezifische Antikörper nachgewiesen werden.

Stabile Immunität bei 90 Prozent

Im November 2020 lag die Häufigkeit Sars-CoV-2-spezifischer Antikörper bei diesen 801 Ischglerinnen und Ischglern immer noch bei 45,4 Prozent. "Trotz leichtem Rückgang der Antikörperkonzentration im Vergleich zur ersten Studie können wir damit von einer relativ stabilen Immunität sprechen. Bei knapp 90 Prozent von den im April seropositiv Getesteten konnten auch im November Antikörper detektiert werden", erklärte dazu die Virologin van Laer.

Neben den virusspezifischen Antikörpern wurden in der aktuellen Studie 93 Proben zusätzlich auf spezifische Immunzellen, sogenannte T-Zellen, untersucht. Diese ließen sich auch bei Proben von einst Infizierten nachweisen, die im November kaum oder gar keine Antikörper mehr aufwiesen. Somit könne auch dann noch Immunität bestehen, wenn keine Antikörper mehr nachweisbar sind.

Mit acht Monaten Beobachtungszeitraum und insgesamt mehr als 900 Teilnehmenden zählen die Ischgl-Studien zu den längsten je durchgeführten ihrer Art weltweit. Die Forscherinnen berichteten von der großen Bereitschaft der Einwohner im Ort, sich an den Studien zu beteiligen. Nur dank dieser Kooperationswilligkeit sei es möglich gewesen, diese Ergebnisse zu erhalten.

Ischgl wurde deshalb zum Forschungsobjekt, weil in dem Tiroler Skiort im Frühjahr 2020 die erste Corona-Welle am härtesten zuschlug. Mit Inzidenzen von bis zu 500 lag man in Ischgl damals weit über dem Rest von Österreich. Umso erstaunlicher war es für die Forscherinnen, dass die zweite Welle im November, die Österreich insgesamt viel härter traf als jene im Frühjahr, an Ischgl quasi völlig vorüberging.

In Kooperation mit Forschern aus Salzburg wurden hinsichtlich Lage und Größe vergleichbare Ortschaften analysiert. Während in diesen das Infektionsgeschehen im Herbst 2020 wie im Rest des Landes passierte, blieb Ischgl abgesehen von ein paar Fällen Anfang November verschont. Im Dezember war keine einzige Infektion zu verzeichnen. "Das ist erfreulich positiv", wie die Innsbrucker Virologinnen bestätigten.

Rückkehr zur Normalität möglich

Denn es zeigt, dass die Ischgler Bevölkerung wegen der bestehenden Immunität besser geschützt ist. Legt man diese Erkenntnisse auf die Gesamtbevölkerung und den Impfplan um, so lege dies folgenden Schluss nahe: Es würde offenbar schon genügen, eine Durchimpfungsrate von 45 bis 50 Prozent zu erreichen, um einen gewissen Schutzeffekt zu erzielen. Allerdings, so schränken die Wissenschafterinnen ein, nur, wenn zugleich die Hygiene- und Abstandsregeln weiter befolgt werden. Wobei die Forscherinnen einräumen, dass in Ischgl zur Zeit der zweiten Welle auch kein Tourismusbetrieb lief.

Doch gegen die in Tirol grassierende südafrikanische Virusmutante – am Mittwoch lag die Zahl der bestätigten und teilweise bestätigten Fälle bei 548 – schützt diese Immunität nicht. Daher betonte von Laer erneut: "Man muss aufpassen und versuchen, diese Variante so lange zu unterdrücken, bis die Impfstoffe daran angepasst werden." Überhaupt rechnen die Forscherinnen damit, dass künftig jährlich neu angepasste Corona-Impfstoffe entwickelt werden müssen, weil das Virus wohl immer wieder mutieren werde. (Steffen Arora, 18.2.2021)