In der Start-up-Investment-Show "2 Minuten, 2 Millionen" auf Puls 4 trat das junge Gründungsteam von Mindful Mission am 16. Februar vor fünf Investoren. Mindful Mission ist, so bezeichnen es zumindest die jungen Firmenchefs, ein Social Enterprise – ein "Unternehmen mit Sinn". Man wollte beruflich etwas Sinnvolles tun, statt für Großkonzerne zu arbeiten, und hat sich mit der Unternehmensgründung auch die Gründung einer Bewegung zur Kompensation von CO2 zum Ziel gesetzt. User können sich auf einer Plattform anmelden, beantworten einige Fragen zu ihrem Lebensstil und bekommen die Möglichkeit, durch Zertifikatserwerb im Abo-Modell CO2 zu kompensieren. Im Schnitt setzt Mindful Mission so pro User monatlich neun Euro um. Das Unternehmen schneidet daran eine Marge von 25 Prozent mit, die restlichen 75 Prozent fließen in drei Projekte zu den Themen Windenergie, Trinkwasser und Waldschutz.

Dass diese im Schnitt knapp sieben Euro ausreichen, um die gesamten Auswirkungen des alltäglichen Lebens einer durchschnittlichen Privatperson auf unser Klima zu kompensieren, sei, so betont das Team immer wieder, wissenschaftlich bewiesen. Für den monatlichen Preis von zwei Coffees to go kauft man sich bei Mindful Mission also neben Klimazertifikaten ein reines Gewissen – und ermöglicht es jungen Menschen, die nicht in Großkonzernen arbeiten wollen, davon zu leben, ihren beruflichen Sinn im Handel von Klimazertifikaten zu finden. Wenn das so einfach geht, gibt es für die Fridays-for-Future-Generation in doppelter Hinsicht etwas zu feiern – denn dann kann man demnächst vom Welt-Retten leben, und das Problem des Klimawandels ist schnell gelöst.

Klimaschutz muss rentabel sein

Beim Pitch steht Jurymitglied und Investor Hans Peter Haselsteiner der Idee zunächst kritisch gegenüber. Der Ansatz sei zwar gut gemeint, aber nicht neu – denn er kaufe sich sein reines Gewissen bereits von der Universität für Bodenkultur, die ein ähnliches Konzept anbietet – allerdings ohne Abofunktion. Hotelier und Investor Bernd Hinteregger lobt ebenso die gute Intention, sieht aber zunächst auch keinen Investment-Case. Wie auch die anderen Investoren hinterfragt er nicht etwa den nachhaltigen Mehrwert für Gesellschaft und Planet, den das Unternehmen zu erreichen meint, oder die Wissenschaftlichkeit hinter der Kompensationsrechnung, die für "weniger als ein Netflix-Abo" ein umweltneutrales Leben ermöglichen soll. Vielmehr stellt Hinteregger die finanzielle Rentabilität des Investments infrage.

Schlechte Nachrichten für Fridays for Future – denn das kann man durchaus als Unterstellung sehen, dass Projekte mit gemeinnützigem Mehrwert doch gar nicht rentabel sein können. Folgt man diesem Gedanken weiter, bedeutet das wohl, dass Geld verdienen und die Welt retten zwei grundverschiedene Ding sind, die sich nicht vereinbaren lassen. Im Umkehrschluss würde das dann allerdings auch bedeuten, dass Profit machen wiederum nicht nachhaltig sein kann.

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Für den Preis von zwei Kaffees kann man sich ein reines Gewissen erkaufen.
Foto: AP Photo/Charlie Riedel

Tatsächlich ist es dem jungen Unternehmerteam nicht gelungen, die Frage zu beantworten, wie denn das geplante Umsatzwachstum aussieht und woher ihre Unternehmensbewertung kommt. Dafür hat Co-Gründer Christian Rebernig ein ganz anderes Argument parat, das jegliche Bedenken der Investoren zerstreuen soll. Er erklärt, dass es hier um ein "Impact-Investment" geht, und weist darauf hin, dass es den Kunden seines Unternehmens in erster Linie darum geht, Gutes zu tun. Ihnen sei dabei wohl bewusst, dass Gutes tun Geld kostet und dass damit eben auch Kapitalkosten einhergehen. Mit Kapitalkosten ist in diesem Fall die Rendite der Investoren gemeint. Der selbsternannte Social Entrepreneur meint also, es sei durchaus in Ordnung, gute Projekte zu finanzieren und davon finanziell zu profitieren.

Diese Legitimation wirkt plötzlich Wunder. Unter Zutun von Investor Martin Rohla, selbst Social Entrepreneur und bereits ein alter Hase, wenn es um Impact-Investments geht, wandte sich das Blatt. Selbst Haselsteiner und Hinteregger schienen ihre Bedenken nun über Bord geworfen zu haben: Alle fünf Investoren steigen bei Mindful Mission mit jeweils 20.000 Euro ein.

Mehrwert versus Profit?

Dann ist es also möglich, denkt man sich, mit Projekten, die Gutes tun, Geld zu verdienen. Die Fridays-for-Future-Generation darf sich kurz freuen. Dann kommen die Investoren im Studio doch wieder auf die Rendite zu sprechen. "Man fragt nicht nach Return, wenn man so was Großartiges unterstützt!", beendet Haselsteiner die Diskussion und spricht damit ein Machtwort. Zumindest er sieht das Investment in Mindful Mission also wohl doch weniger als Investment, sondern eher als Spende. Oder vielleicht als größere Version eines Klimazertifikats für ein reines Gewissen.

Steht ökologischer und gesellschaftlicher Mehrwert wirklich in einem unüberwindbaren Widerspruch zu Profit? Und wenn dem so ist, wie kann dann Profit überhaupt noch erstrebenswert sein, wenn dieser per Definition unserer Gesellschaft explizit nichts bringen kann? Dann müssten ja letztlich alle, die von Profiten leben, eigentlich mit schlechtem Gewissen leben. Ein Glück, dass es viele Wege gibt, aus einem schlechten Gewissen ein reines zu machen. Die einen gründen ein Unternehmen "mit Sinn", das gutes Gewissen als Abo verkauft, statt für profitorientierte Konzerne zu arbeiten. Andere kaufen bei diesen Unternehmen Klimazertifikate, damit sie weiterhin sorglos und mit reinem Gewissen mit dem Auto fahren und für profitorientierte Konzerne arbeiten können. Und wieder andere beruhigen ihr Gewissen, indem sie in Social Enterprises investieren.

Kein Wunder also, dass das Geschäft mit dem reinen Gewissen boomt. Oder dass der Klimawandel immer noch unaufhaltsam scheint. Denn wie viel man mit neun Euro wirklich kompensieren kann, bleibt offen. Oder in wie viele Social Enterprises man investiert haben muss, um Gewinne aus einem Großkonzern und einen Privatjet zu kompensieren. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner, 23.2.2021)