Rund um den Weltfrauentag am 8. März haben Umfragen Hochkonjunktur, die nachsehen, was Frauen brauchen würden, um "nach oben" zu kommen. Journalisten werden Porträts über "Frauen, die es geschafft haben" zuhauf angeboten, Unternehmen senden nochmals aus, dass sie das Gütesiegel für Frauen und Familie tragen. Rolemodels werden für den technischen Bereich gefordert, männliche Stimmen bei Assistenzsystemen.

Und Frauenquoten werden sogar von jenen wohlwollend abgenickt, die sich ansonsten dagegen aussprechen. Und zwar unterjährig mit dem Argument, es müsse doch "die Leistung zählen, nicht das Geschlecht". Daraus ergibt sich wohl im Umkehrschluss, dass diese Leistung an den Hebeln der Wirtschafts- und Verteilungsmacht überwiegend von Männern erbracht werden kann.

Die Folgen von Corona

Heuer ist das, wie es aussieht, wieder so. Mit einem wesentlichen Unterschied: Sie Teilhabe der Frauen an der (gutbezahlten) Erwerbsarbeit ist in der Pandemie gesunken. Von Arbeitslosigkeit sind besonders stark Frauen betroffen, und Personalberater im Management- und Leadership-Bereich schreiben in ihren Analysen des Arbeitsmarkts, dass Frauen großflächig verschwinden, sich zurückziehen oder erst gar nicht weitermachen wollen, weil sich alles nicht mehr ausgeht, was sie da locker und mediengerecht unter dem Titel "Vereinbarkeit" zustande bringen sollen. Die Zahlen für Österreich heuer: plus 34,5 Prozent Arbeitslosigkeit bei Frauen, insgesamt stehen nun rund 230.130 Frauen in der Arbeitslosenstatistik des Arbeitsmarktservice AMS.

Allerdings, wer in höheren männlichen Gefilden tätig war oder ist, geht nicht zuerst zum AMS, sondern holt sich einen Schein für beratende Tätigkeiten oder, wenn doch im Unternehmen verblieben, reduziert auf Teilzeit und verliert höchstwahrscheinlich somit gleichzeitig den Status in der Firma.

Bei qualifizierten Bürotätigkeiten im Homeoffice sieht es laut Erhebung der Arbeiterkammer sehr oft so aus, dass zuerst der Mann die möglichst ungestörte Nische (wahrscheinlich mit dem stabilsten Netz) in der Wohnung als Heimarbeitsplatz innehat. Frauen wandern eher zwischen Küche und Couch herum.

Boxhandschuhe – eine männliche Zuschreibung. Brauchen Frauen sie, wenn sie an den Tischen der Macht sitzen wollen?
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Was noch bevorsteht

Vieles davon ist tatsächlich der Pandemie geschuldet. Vieles an Verwerfungen wird allerdings erst kommen – beispielsweise Folgen der bevorstehenden Pleitewelle. Weniger Jobs bedeutet selten bessere Chancen für Frauen. Oder psychische Verwerfungen, etwa die Begleitung der Kinder aus ihrem – laut Psychologen mittlerweile gut feststellbaren – Beeinträchtigungen durch die Lockdowns und dem daraus entstandenen Verlust an sozialem Lernen inklusive zunehmender depressiver Symptome.

Dass fehlende Möglichkeiten qualitativ hochwertiger Bildungs- und Freizeitbetreuung der Kinder das Hemmnis Nummer eins karrierewilliger Frauen ist, hat Corona jedenfalls besonders eindrucksvoll vor Augen geführt. Männerbünde sind ebenso eine Hürde – dass diese ihre Reihen lichten, ist in Krisenzeiten wohl nicht zu erwarten. Ganz oben im Ranking wurde in den vergangenen Jahren auch immer die Unternehmenskultur genannt – nach männlichen Leistungskriterien definiert, an Präsenz hängend und als "hartes Match" beschrieben, das Frauen entweder nicht können oder nicht wollen oder sich nicht trauen.

Daraus sind auch die typischen Killerargumente erwachsen. "Wir hätten ja so gern Frauen, aber wir finden sie nicht. Sie trauen sich nicht. Sie stehen nicht zur Verfügung." Vermischt wird das mit Zuschreibungen wie: "Frauen sind zu emotional. Zu empfindlich. Sie verlangen zu wenig und wollen nicht wirklich kämpfen." Alles klar.

"Samthandschuhe ablegen"

Interessanterweise räumt genau damit eine aktuelle Umfrage des Schweizer Culture Institute rund um Simon Sagmeister gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Womenizing auf. 40 Spitzenmanagerinnen sagen da, dass ihnen besonders "ausgeprägte Leistungskulturen" geholfen hätten. (Nicht der so oft als Frauenwunsch unterstellte "Kuschelkurs"). Gängige Frauenförderung oder Diversity-Programme erachten sie dagegen als nicht besonders hilfreich. Individuelles Mentoring wird allerdings geschätzt, unternehmensweite Diversitätsprogramme werden als zu gießkannenartig beschrieben.

"Leistungskulturen sind für Frauen förderlich, formal hierarchische dagegen hinderlich", sagt Sagmeister. Und: Da die im deutschsprachigen Raum befragten Spitzenmanagerinnen allesamt angeben, ihr Führungsstil sei sinnorientiert, ganzheitlich, dem Querdenken und der Diversität verpflichtet, Harmonie bei gleichzeitiger Leistungsförderung ebenso gewidmet, resümiert Sagmeister, dass das genau der Führungsstil sei, der jetzt gesucht und gebraucht werde.

Es gelte, Samthandschuhe abzulegen und die Boxhandschuhe auszupacken. Eine "typisch männliche" Verhaltensart? Eventuell. Immerhin bescheinigen andere Studien, dass Frauen, die es "geschafft" haben, eine wichtige Fähigkeit besitzen: "Outmale the males" heißt sie und beschreibt Frauen als die besseren Männer in diesem Terrain. So versteht Sagmeister seine Ergebnisse allerdings nicht. Er sieht jene Frauen als "Musterbrecherinnen". Randnotiz: Gleichstellung sehen nur 16 Prozent dieser befragten Frauen im Topmanagement in ihrem Unternehmen erreicht. (Karin Bauer, 22.2.2021)