Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat sich offenbar entschlossen, den Verkauf der Regierungsarbeit in Sachen Pandemie nicht nur der ÖVP und dem Kanzler zu überlassen, und wird selbst offensiv. Freitagvormittag gab er die Bilanzpressekonferenz "Ein Jahr Covid".

Zusammen mit Experten und, neu, einer Betroffenen, Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums, die beeindruckend aus ihrer und ihrer Familie Erfahrung schilderte, warum man auch als gesunde, sportliche Person, die habituell auf Hygiene achtet, Corona ernst nehmen muss, besonders das "long Covid" mit seinen belastenden, längerfristigen Erscheinungen. Das war wichtig, angesichts der immer noch zahlreichen Verleugner und Verharmloser.

Anschober gab aber auch im direkten Gespräch Gelegenheit, an ihn die Frage zu stellen, die vielen auf der Seele liegt: Was ist nun eigentlich der Plan, und wie sieht unser weiteres Leben aus?

Gesundheitsminister Rudolf Anschober wird offensiv.
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Die kurze Antwort lautet: Wenn wir bis Ostern halbwegs durchkommen, werden wir danach an vorsichtige Lockerungen denken können. Der unbekannte (oder eigentlich zu gut bekannte) Faktor dabei sind die Mutationen des Virus, die ansteckender sind und zumindest regional im Begriff, die Oberhand zu gewinnen.

Wenn die Ansteckungszahlen halbwegs unter Kontrolle bleiben, dann kann man an eine vorsichtige Öffnung bei Sport und Kultur denken (Letztere hätten gute Sicherheitskonzepte). "Am 1. März sehen wir schon, was geht und was nicht." Am Freitag ließ Kanzler Sebastian Kurz übrigens verlauten, man könne bei entsprechender Entwicklung auch die Gastronomie öffnen, weil die Wirte nun nicht mehr gegen Eintrittstests seien.

Herausforderung

Zugleich soll laut Anschober das Impfen ernstlich beginnen. Bis Ostern werde eine Million Menschen geimpft sein (derzeit sind es rund 470.000). Nach Ostern sollen pro Tag 60.000 bis 80.000 Personen geimpft werden. Anschober: "Eine Herausforderung für die Organisationsfähigkeit der Bundesländer."

Begleitend muss aber weiter massiv getestet werden: "Wir testen offensiv, in den letzten 24 Stunden 270.000 Tests (Antigen und PCR), ein Screening, das seinesgleichen sucht." Österreich teste im Unterschied zu Deutschland auch solche ohne Symptome – "da erkennen wir viele Angesteckte und holen sie aus dem Zyklus. Das ist der eigentliche Massentest. Wir erreichen fast alle." Es werde so genau wie nie getestet, bei den PCR-Tests werde auf Mutation überprüft. Es sei auch unabdingbar, die Schutzmaßnahmen (FFP2-Maske, Abstandsregeln) weiter einzuhalten.

Wie schaut unser Leben im Sommer und Herbst aus? Die unbequeme Wahrheit sei, sagt Anschober, dass wir "mit dem Virus leben müssen, ähnlich wie mit der Grippe", mit ständigen, an Virusvariationen adaptierten Impfungen. Schon im Herbst werde man die zweite Generation Impfstoffe verabreichen.

Das bedeutet natürlich, dass die Impfbereitschaft wesentlich höher sein muss als etwa bei der Grippe. In der Phase bis Ostern werden verschiedene Impfstoffe verimpft, hauptsächlich Biontech, auch Astra Zeneca und Moderna. Im zweiten Quartal werde die Genehmigung für Johnson & Johnson erwartet.

Zusammenfassend: Massives Testen, die Aufrechterhaltung der Schutzmaßnahmen und eine Beschleunigung des Impfens sollten uns der Normalität näher bringen. Was Anschober so nicht sagt, man aber daraus schließen kann: Ein "normaler" Sommer wie früher, wie Kurz noch im Dezember ankündigte, wird das wohl nicht ganz. (Hans Rauscher, 20.2.2021)