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Kehrte rasch und mit einer Lone-Star-Maske nach Texas zurück: der Senator des Bundesstaats, Ted Cruz.

Foto: AP / Dan Christian Rojas

Texas hat es kalt erwischt. Eine arktische Kältewelle, die ungewöhnlich weit nach Süden schwappte, hat Schnee und Eis in Städte wie Houston gebracht, für die Minusgrade eine absolute Seltenheit sind. In manchen Gegenden des "Lone Star State" sanken die Temperaturen auf minus 18 Grad Celsius. Flächendeckend fiel der Strom aus, weil die Leitungen, in den USA nur in Ausnahmefällen unter der Erde verlegt, unter der Last schwerer Eiszapfen rissen. Am Mittwoch waren es vier Millionen Haushalte, die keinen Strom hatten. Wasserrohre froren ein und platzten, zeitweise mussten sieben Millionen Texaner ihr Wasser abkochen, weil es durch den Druckabfall in den Leitungen womöglich verunreinigt wurde.

Flucht nach Cancún

Wer konnte, flüchtete in Hotels, die über Stromgeneratoren verfügten. Auch Ted Cruz, einer der beiden Republikaner, die Texas im US-Senat vertreten, trat die Flucht an, um nicht in seiner Villa in Houston in der Kälte zittern zu müssen. Nur eben die Flucht nach Mexiko. Mit seiner Frau Heidi und den zwei Töchtern, zehn und zwölf, flog er kurzerhand auf die Halbinsel Yucatán. Nach Cancún, in die Wärme.

Lokalpatriotismus statt Krisenmanagement

Das hat, zurückhaltend formuliert, in Texas Erstaunen ausgelöst. In einer Krise erwartet man von einem Senator, dass er sich mit ums Krisenmanagement kümmert. Beto O'Rourke etwa, der nur knapp daran scheiterte, in den Senat einzuziehen, als er 2018 das Duell gegen Cruz verlor, organisiert Freiwillige, die älteren Menschen durch die Krise helfen. Was auch immer Cruz konkret hätte tun können, zumindest erwartete man, dass er nicht in den Urlaub fährt.

Von ihm umso mehr, weil er zum Beispiel den Bürgermeister von Austin, einen Demokraten namens Steve Adler, eines Badeurlaubs wegen als zutiefst scheinheilig kritisierte. Adler legte den Bewohnern seiner Stadt ans Herz, aufs Reisen zu verzichten – um dann selbst, im November, die mexikanische Pazifikküste anzusteuern. Im Übrigen stellt der Senator, der sich aufs Austeilen versteht, gern seinen Lokalpatriotismus heraus. Sein Mund-Nasen-Schutz, rot, weiß und blau mit einem Stern, ist eine Miniaturausgabe der texanischen Flagge.

Bitte zu Hause bleiben

Noch am Montag also hatte Ted Cruz die Menschen zwischen Dallas und Houston mit Blick auf den Wintereinbruch gebeten, einfach zu Hause zu bleiben, statt im Schneesturm unnötige Risiken einzugehen. Am Mittwochabend stieg er mit Heidi und den Töchtern in eine Maschine nach Cancún, wobei Polizisten zum Flughafen abkommandiert werden mussten, um das Quartett zu beschützen. Da ihn andere Passagiere beim Boarding fotografierten und die Bilder prompt ins Netz stellten, dauerte es nicht lange, bis eine Welle der Empörung durch Texas rollte.

Bloß ein "guter Vater"

In dem Versuch, ein guter Vater zu sein, versuchte Cruz der Kritik die Spitze zu nehmen, habe er lediglich seine Töchter nach Mexiko begleiten wollen, um am nächsten Tag zurückzukommen. Der Tweet machte es nur noch schlimmer, denn daran stimmte nichts. Tatsächlich war die Rückkehr erst am Wochenende geplant, wenn in Houston die kaputten Stromleitungen geflickt sein würden. Das ist kein Geheimnis mehr, seit Freunde und/oder Nachbarn der Familie an die "New York Times" weitergaben, was sie von Heidi Cruz an Textnachrichten bekamen.

Entlarvende Textnachrichten

Es sei kalt im Haus, man wolle bis Sonntag nach Mexiko, ob jemand mitkomme, fragte die Investmentbankerin bei Freunden und/oder Nachbarn an. Sie empfahl das Ritz-Carlton in Cancún, nannte den Zimmerpreis (309 Dollar pro Nacht) und lobte die Sicherheit des Hotels. Ihr Mann blieb dann nur für eine Nacht. Am nächsten Tag flog er zurück, unplanmäßig, allein wegen des Sturms der Entrüstung. Kaum gelandet, schrieb er scheinbar mitfühlend, dies sei eine höchst ärgerliche Woche für Texas gewesen: "Der großartigste Staat im großartigsten Land der Welt ohne Strom." Worauf Gilberto Hinojosa, der Parteichef der Demokraten in Texas, von unfassbarer Kaltschnäuzigkeit sprach. In Wahrheit interessiere sich der Mann nur für sich selbst. (Frank Hermann aus Washington, 19.2.2021)