Der Markt für Crowdinvesting fokussiert sich weiterhin stark auf die für Anleger sichereren Immobilienprojekte.
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Während auf dem Sparbuch seit Jahren komplette Flaute herrscht, können Anleger mit Schwarmfinanzierungen weiterhin ansehnliche Zinsen generieren. Davon angezogen stieg die Nachfrage, der Markt für sogenanntes Crowdinvesting verzeichnete auch im Corona-Jahr 2020 Wachstum, wenngleich dieses verglichen mit den Vorjahren etwas abgeflacht ist. Allerdings läuft dabei nicht immer alles rund, schließlich stellen die Anleger Risikokapital zur Verfügung. Es zeigt sich: Wenn ein Projekt ins Straucheln gerät, haben Anleger bei Immobilien bessere Karten als bei Unternehmensfinanzierungen.

Realistisch betrachtet kommt es bei Firmenpleiten fast zwingend zu einem Totalausfall, da es sich bei Crowdinvesting zumeist um sogenannte Nachrangdarlehen handelt. Diese heißen so, weil bei einem Bauchfleck des Unternehmens zuerst alle anderen Kreditgeber wie Banken bedient werden – wenn danach die Crowd am Zug wäre, ist von dem verwertbaren Vermögen längst nichts mehr übrig. Seit 2012 gab es bei insgesamt 26 Projekten Ausfälle im Volumen von 5,1 Millionen Euro.

Druck ausüben

Aber selbst Betongold glänzt nicht immer. "Wir haben auch zwei Fälle bei uns im Haus gehabt", berichtet Andreas Zederbauer, Chef der auf Immobilien spezialisierten Plattform Dagobertinvest. "Lessons learned", sagt er über diese Erfahrungen. Drei der insgesamt 20 Mitarbeiter würden nun laufend die insgesamt 170 Projekte mit "sehr vielen Bauträgern", etwa 60 bis 70, überwachen, um Probleme ehestmöglich zu erkennen. Was zuletzt bei etwa zehn Fällen zugetroffen sei.

Ein Anleger allein könne dann keinen Druck ausüben, sehr wohl aber die Masse mit einer Gesamtforderung von mehreren Hunderttausend Euro im Gepäck. "Man muss auch die Rückholung des Geldes vercrowden", sagt Zederbauer. Er verweist darauf, dass einige der Problemfälle inzwischen gelöst seien, etwa in Form einer verspäteten Rückzahlung samt Verzugszinsen. "Auch wenn es länger dauert, heißt das noch nicht, dass es ein Ausfall wird", sagt Zederbauer. "Wenn man Geduld hat, löst es sich oft in Wohlgefallen auf."

Aber eben nicht immer. Bei dem Projekt Prime Real sei es nach einem Konkurs des Bauträgers zu einem Teilausfall gekommen, inklusive Zinsen würden Anleger 96 Prozent des investierten Kapitals zurückerhalten. Vor die Wahl gestellt wurden Anleger hingegen wegen der Probleme der Trendhaus-Gruppe: entweder eine Verlängerung der Laufzeit um zwei Jahre akzeptieren oder mit einer 50-prozentigen Abschlagszahlung auf das investierte Kapital aussteigen. Ein Drittel der Anleger hat die Reißleine gezogen.

Gestreutes Risiko

"Crowdinvesting ist das Bereitstellen von Risikokapital", betont der Dagobert-Chef. Anleger sollten daher auch bei den Schwarmfinanzierungen ihre Anlagen möglichst breit streuen, also auf mehrere Projekte verteilen. Laut dem Branchendienst Crowdcircus verfügt ein Durchschnittsanleger über 6,6 Investments mit einem Volumen von jeweils etwa 2100 Euro. Das Durchschnittsalter beträgt gut 47 Jahre, wobei im Mittel von zehn Investoren nur zwei weiblich sind.

Im Vorjahr hat der Gesamtmarkt übrigens die Marke von 300 Millionen Euro an Finanzierungen seit 2012 übersprungen. Davon wurden bereits mehr als 42 Millionen inklusive Zinsen zurückgezahlt, das entspricht etwa 14 Prozent des Gesamtvolumens. Auch das Neugeschäft ist im Vorjahr gewachsen, allerdings nur noch um knapp sechs Prozent auf etwas mehr als 72 Millionen Euro. Weiterhin dominierend sind Immobilienprojekte mit einem Anteil von etwa drei Vierteln.

Aus gutem Grund. Bei Firmenfinanzierungen stimmt das Chance-Risiko-Verhältnis selbst dann nicht, wenn Anleger auf das richtige Pferd gesetzt haben. Etwa die auf E-Bikes spezialisierte Greenstrom Mobility, die sich 2017 über die Plattform Conda 1,2 Millionen Euro holte. Nun hat ein britischer Investor die Mehrheit erworben, über den Kaufpreis wird geschwiegen – wohl dürften die früheren Gesellschafter den großen Reibach gemacht haben. Ob für die 573 Crowdanleger etwas abfällt, ist ungewiss. Bei Conda heißt es dazu lapidar: Alle noch ausstehenden Zinsen würden bis Mai 2021 ausgezahlt. (Alexander Hahn, 20.2.2021)