Mangels Elektroangebots müssen Lieferdienste und Handwerker für ihre Berufsfahrzeuge mehr Geld hinblättern.

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Wien/Weiz – Die Stimmung ist aufgeheizt. Von Verrat an den Gewerbebetrieben ist die Rede. Das Rückgrat der Wirtschaft, also die Stammklientel des ÖVP-Wirtschaftsbundes, sei ausgerechnet von der ÖVP im Stich gelassen worden, schäumen steirische Unternehmer.

Der Stein des Anstoßes: Die Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) ab Juli. In der Kritik steht diesfalls nicht, dass monströse Stadtgeländewagen, sogenannte SUVs, verteuert werden, sondern auch gewerblich genutzte Nutzfahrzeuge (N1), also Klein-Lastkraftwagen bis 3,5 Tonnen. Deren Anschaffung wird Mitte des Jahres erheblich teurer, um den Umstieg auf Elektroautos zu forcieren oder zumindest auf verbrauchsärmere kleinere Wagen.

Erhebliche Mehrkosten

Mit im Schnitt 2000 bis 2500 Euro an Mehrkosten müssen Zustellfirmen und Gewerbebetriebe pro Fahrzeug rechnen, wenn sie ihre Fuhrparks erneuern, rechnet man in der Sparte Kfz-Einzelhandel vor. Dieser Aufschlag wird bei Anschaffung eines Elektroautos nicht fällig. "Das Problem ist", sagt Vinzenz Harrer, Bezirksgruppenobmann des Wirtschaftsbundes (ÖVP) im oststeirischen Weiz, "dass weder ausreichend E-Fahrzeuge dieses Typs verfügbar sind noch im ländlichen Raum ausreichend Ladeinfrastruktur. Wir kriegen von den Versorgern schlicht keine Ladeanlagen."

Diese widrigen Umstände machten die Erhöhung der NoVA zu einer reinen Geldbeschaffung des Staates, der Umwelt hingegen werde nicht geholfen. Denn es gebe keine Alternativen zu Pritschen- und Kastenwagen mit Verbrennungsmotoren, wie sie bei Tischlern, Installateuren, Zustellern und anderen Gewerbebetrieben im Einsatz sind.

Milliarden verloren

"Dem Wirtschaftskreislauf werden auf diesem Weg binnen drei Jahren gut und gern 1,2 Milliarden Euro entzogen", rechnet der gelernte Zimmerermeister Harrer vor. Geld, das den Corona-gebeutelten Kleingewerbebetrieben bei Investitionen und letztlich im Eigenkapital dringend fehle.

Der Weizer Wirtschaftsbund-Obmann fürchtet nun einen deutlichen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in grenznahen Regionen der Steiermark, des Burgenlandes und auch Niederösterreichs. "Die großen Unternehmen flaggen aus, verlagern ihre Fahrzeugflotten in die Slowakei, nach Ungarn oder Slowenien und können dann bei uns billiger anbieten als wir", echauffiert sich Vinzenz Harrer, der in Frohnleiten bei Weiz das gleichnamige Holzbauunternehmen mit dreißig Mitarbeitern führt. Dem Fiskus entgehen auf diesem Weg Millionen an Steuern und Abgaben.

458,000 Gewerbliche Fahrzeuge

Dass es nicht um "Peanuts" geht, zeigt ein Blick in die Statistik. Der Bestand an Lastkraftwagen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht (Klasse N1) in Österreich belief sich laut Statistik Austria Ende 2020 auf rund 458.000. An Neuzulassungen gab es im Vorjahr rund 36.000 – ein Gutteil davon als Ersatzinvestition, weil Fahrzeugaltbestand ausrangiert wird. Da die NoVA bei der Erstzulassung fällig wird, behindere die Erhöhung jedenfalls die Erneuerung des Fahrzeugbestands, so Harrer. Nutzfahrzeuge der Abgasklassen Euro-3 bis Euro-5 würden später durch "sauberere" Euro-6-Fahrzeuge mit deutlich niedrigerem CO2-Ausstoß ersetzt. Wer es doch tut, werde bestraft. Die Folge seien Verteuerung der Dienstleistungen, Preiserhöhungen für Konsumenten und Schwarzarbeit, warnt der Kammerfunktionär.

Nutzen für Umwelt fraglich

Der Umwelt bringe die NoVA-Erhöhung nichts, das Timing sei angesichts der Pandemie "komplett daneben" und die angestrebte Ökologisierung der Fuhrparks speziell in Handwerk und Gewerbe nicht möglich. "Wir brauchen eine Übergangsfrist, die NoVA-Erhöhung muss verschoben werden, sonst ist das billige Abzocke", schäumt Harrer, der mit Gleichgesinnten im Wirtschaftsbund die Petition "Aufschub der NoVA-Erhöhung für gewerbliche Nutzfahrzeuge" gestartet hat. 620 Unterschriften habe man im Februar gesammelt, nun wolle man die Aktion auf die ganze Steiermark ausweiten und hoffe auf Gleichgesinnte in ganz Österreich.

Vielleicht könne man Bundesregierung und Parlament ja doch noch überzeugen, für das Gewerbe eine Übergangsfrist einzuführen. Offenbar habe die Politik nicht geprüft, dass mit der NoVA-Erhöhung die wirtschaftliche Basis ins Mark getroffen werde.

Alternativ würde es auch helfen, kleinere Fahrzeuge der Golf-Klasse vorsteuerabzugsfähig zu stellen. Ein Teil der Unternehmen würde mit kleineren Fahrzeugen das Auslangen finden, was billiger und ökologisch sinnvoller wäre, sagt Harrer. (Luise Ungerboeck, 20.2.2021)