Maske runter! So weit ist es an den Schulen derzeit noch nicht. Aber es werden bereits Ideen für die Zeit nach Corona gewälzt.

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Wir starten in Woche drei nach dem dritten Corona-bedingten Schul-Lockdown. Kinder bohren mit kurzen Antigenschnelltest-Stäbchen in der Nase. Die Älteren tragen FFP2-Masken, die Jüngeren kommen mit der Stoffversion aus. Es wird Abstand gehalten und fleißig gelüftet – fast hat sich ein wenig Routine in der seit fast einem Jahr bestehenden Ausnahmesituation breitgemacht.

Für die allermeisten Kinder, Eltern und Lehrkräfte scheint die Wiederaufnahme des Unterrichts mit allen lästigen Einschränkungen ein willkommener Schritt zurück zu ein bisschen Normalität zu sein – lediglich ein Prozent hat den regelmäßigen Nasenbohrtests nicht zugestimmt. Erstmals sind die Direktionen nicht mehr ausschließlich mit Pandemie-Akutmaßnahmen beschäftigt.

Ein guter Zeitpunkt also, um über all die Themen, die Corona rot und fett in unseren symbolischen Mitteilungsheften angestrichen hat, zu reden? Über die angesammelten Bildungsrückstände? Über die Bildungsschere, die durch den digitalen Fernunterricht noch weiter aufgegangen ist? Über die Art und Weise, wie wir lernen – und darüber, wo wir damit eigentlich hinwollen?

Förderstunde, bitte warten

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) reagiert mit Förderstunden, einer Neuauflage der Sommerschule und dem festen Willen, möglichst viele digitale Endgeräte möglichst vielen Schulen zur Verfügung zu stellen. Rund 200 Millionen Euro sind für die Förderstunden budgetiert, allerdings ist das Programm nicht wie angekündigt angelaufen. Anfang März, heißt es jetzt, ist es dann so weit – wie genau die Förderung bei den Schülerinnen und Schülern ankomme, solle schulautonom entschieden werden.

Die Opposition findet: Damit kann es nicht getan sein. Nicht nur die Zahl der Förderstunden sei "viel zu wenig", sagt etwa Sonja Hammerschmid, "wir müssen überhaupt viel größer denken". Eineinhalb Jahre stand die SPÖ-Bildungssprecherin selbst an der Spitze des Ressorts. Sie weiß: "In vielen Schulen wird noch immer frontal unterrichtet und Wissen auswendig gelernt", besonders "traditionell" agierten häufig die allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS). Gleichzeitig, sagt Hammerschmid, gehörten die vielen innovativen Schulen, die es bereits gebe, "vor den Vorhang geholt", damit andere von ihnen lernen könnten. Es brauche "einen überparteilichen Prozess", bei dem gemeinsam mit Experten mit Blick auf internationale Beispiele festgelegt werde: Welche Schule wollen wir eigentlich? "Und zwar abseits dieses politischen Gezerres", sagt die Politikerin, "und dann lassen wir die Schulen einmal zehn bis 15 Jahre lang in Ruhe arbeiten."

Meter machen

Auch bei den Neos wünscht man sich für die Zeit nach Corona vor allem eines: "Keine Rückkehr zum Alten. Wir brauchen keine Reform der Lehrpläne, wo am Bestehenden herumgedoktert wird", sagt Martina Künsberg Sarre. Auch die Erkenntnis, dass bei der Ausstattung mit WLAN und Co dringend Meter gemacht werden müssen, reicht der pinken Bildungssprecherin nicht. "Wir müssen den überholten Fächerkanon aufbrechen, bei jungen Menschen die Neugierde auf Lernen wecken und ihnen nicht wie mit einem Trichter Inhalte einflößen."

Doch um über Strukturen nachzudenken, um zu überlegen, wie Schule aussehen müsste, um Bildungserfolg nicht von der Herkunftsfamilie oder einzelnen glücklichen Lernerfahrungen mit fähigen Pädagoginnen und Pädagogen abhängig zu machen, "braucht es großen Mut und ein politisches Anliegen", sagt Künsberg Sarre. Bei der ÖVP sieht sie das aktuell nicht.

Kein Mikromanagement

Bei der FPÖ teilt man die These vom ruhigeren Fahrwasser, in dem die Schulen sich jetzt befinden, nur bedingt. Es gebe "viele, die mit den Schnelltests und dem verpflichtenden Maskentragen nicht zufrieden sind", erklärt Bildungssprecher Hermann Brückl. Entsprechend zurückhaltend ist die Partei, was die Ableitungen für das Lernen nach der Krise betrifft. Auch Brückl glaubt, dass die Zahl der geplanten Förderstunden bis zu den Ferien nicht ausreichen wird, um Bildungsrückstände aufzuholen. Was es darüber hinaus brauche? "Ich habe das Generalrezept auch nicht", sagt der blaue Bildungssprecher.

Die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann findet: "Wir müssen neu darüber nachdenken, ob der Frontalunterricht in der Klasse überall in der bisherigen Form nötig ist. Lernen wir manches besser in Kleingruppen? Draußen im Freien? Mit Unterstützung digitaler Endgeräte?" Hamann glaubt, dass die Schulen gerade beim Thema Selbstorganisation zu ganz neuen Erfahrungen gezwungen wurden. Eine solche Organisationsentwicklung lasse sich aber nicht von oben verordnen, "wir können ja kein Mikromanagement betreiben", sagt Hamann und appelliert an die Schulleitungen: "Es ist grundsätzlich fast alles möglich, gerade jetzt!" Viele Oberstufenklassen hätten von den Freiheiten, die ihnen die Covid-Verordnungen des Ministeriums gelassen hätten, auch schon "exzessiv" Gebrauch gemacht. (Karin Riss, 22.2.2021)