Der Bundeskanzler lernt nicht wirklich aus seinen Irrtümern, obwohl ausreichend Anreize als Belohnung, ja als Vorschusslorbeeren über die Jahre bereitgestellt und auch konsumiert wurden. Nach wie vor bleibt er etwa unberührt von der Tatsache, dass in diesem Land nicht nur Männer und Autochthone leben, die er bei diversen Ansprachen gerne exklusiv adressiert.

Auf Twitter hielt der Kanzler kürzlich fest, dass "wir alle" besonders stolz seien auf die Wirtshäuser und die Hotels des Landes, die Teil unserer alltäglichen Identität seien. Er verstehe, dass die Wirte und Hoteliers wieder öffnen wollten. Die Wirtinnen und die Hotelbetreiberinnen begehren vermutlich dasselbe, aber mit solchen Kleinigkeiten muss man sich als Kanzler eines Landes nicht aufhalten.

Theater und Opernhäuser wollen die Öffnung ebenfalls. Kunst und Kultur, die einen wichtigen Teil der Identität Österreichs lieferten und liefern, wurden aber erneut ausgespart. Nach seiner Diagnose der Kulturverliebtheit als kränkelndes Volkselement scheint es logisch, dass er zwar Sorgen der Wirten, weniger aber Sorgen der Kunstschaffenden versteht. Verwunderlich ist jedoch die plötzliche Bemühung dieses "Wir". Selten hat ein Politiker in Krisenzeiten so deutlich vorgeführt, wie sehr es ihm um das Wohlergehen des eigenen, engen Kreises geht statt um das Wohlergehen aller. Dabei ist es eigentlich einfach: Es kann kein richtiges Wir im falschen geben. (Julya Rabinowich, 22.2.2021)