Katharina Liensberger sammelt Medaillen.

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Der Erfolg Katharina Liensbergers, das darf man nicht vergessen, hing an einem seidenen Faden. Zu reißen drohte er nicht aktuell bei der Ski-WM in Cortina d’Ampezzo, wo die 23-jährige Vorarlbergerin mit zweimal Gold und einmal Bronze abgeräumt hat wie sonst nur die Schweizerin Lara Gut-Behrami. Es war im Herbst 2019, als Liensberger dem heimischen Skiverband (ÖSV) fast abhandengekommen wäre.

Sie hatte die Skimarke gewechselt, Kästle statt Rossignol war keine unlogische Entscheidung. Die Firma hat ihren Sitz nicht weit entfernt von Liensbergers Elternhaus, das in Göfis im Bezirk Feldkirch steht. Die Rennläuferin ging davon aus, sie könne neue Ski anschnallen, aber weiterhin Lange-Skischuhe anziehen – obwohl Lange zum Rossignol-Konzern gehört. Doch Rossignol, der ÖSV und dessen Skipool waren dagegen, laut Skiverband habe Liensberger gegen "ungeschriebene Gesetze" verstoßen. Sie sei "nicht gut beraten", hielt ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel fest. Das war weniger selbstkritisch gemeint, als es klang.

Man weiß nicht, ob der ÖSV wirklich auf stur geschaltet hätte, schließlich hatte sich das Talent Liensbergers zu dem Zeitpunkt schon herauskristallisiert. Bei Olympia 2018 und der WM 2019 hatte sie jeweils Silber im Teambewerb gewonnen. Nach einem monatelangen Hin und Her, im Zuge dessen Liensberger sogar den Saisonstart in Sölden auslassen musste, kam es doch noch zu einer Einigung. Liensberger zähmte sich selbst, weil sie "unbedingt weiter Ski fahren wollte", und schwenkte auf ÖSV-Linie ein. Der Erfolg, so lässt sich nun sagen, gibt allen recht.

Cortina sei fast Heimat für sie, sagte Liensberger, die das Skigymnasium Stams absolvierte, angehende Zöllnerin und passionierte Harfenistin ist. "Mein Opa kam aus der Region. Auch wenn er nicht mehr da ist, hat er auf mich heruntergeschaut." Dreimal winkte sie, die Rossignol-Ski an die Schulter gelehnt, vom Podest. Zweimal stieg sie ganz nach oben, das war ihr im Weltcup noch nie geglückt. Im Parallelrennen profitierte sie von einer ÖSV-Intervention, die ihr vermeintliches Silber in Gold verwandelte. Sie nahm den Schwung in den Riesenslalom mit, in dem sie Dritte wurde, und deklassierte im Slalom den Rest der Welt.

Wie gut nun wieder das Einvernehmen mit Schröcksnadel ist, zeigte sich, als Liensberger nach ihrem ersten Triumph im ORF-Interview sagte: "Erst hab ich den Präsidenten angerufen, dann meinen Freund." (Fritz Neumann, 21.2.2021)